Zu­sam­men­arbeit der Gewerbe­auf­sichts­ämter und der Ju­gend­äm­ter bei der Durch­füh­rung einer Anhörung nach § 6 Abs. 2 Jugend­arbeits­schutz­gesetz (JArbSchG)

Empfehlungen des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Inte­gration (StMAS) vom 28. August 2014, Az.: I7/6135-1/91

An die Regierungen, Gewerbeaufsichtsämter
An die Jugendämter

Anlage:
Vorlagen der Gewerbeaufsichtsämter für einen Bewilligungs­antrag sowie für Erklärungen und Stellungnahmen zum Bewilligungsantrag

Für die Zusammenarbeit bei der Durchführung einer Anhörung nach
§ 6 Abs. 2 JArbSchG werden die Gewerbeaufsichtsämter und die Jugendämter gebeten, folgende Empfehlungen des StMAS zu beachten:

1. Zielsetzung

Diese Empfehlungen sollen eine effektive Zusammenarbeit der Gewerbe­aufsichts­ämter und der Jugendämter bei der Durchführung einer Anhörung nach § 6 Abs. 2 JArb-SchG fördern und damit die zügige Bearbeitung des zugrunde liegenden Antrags nach § 6 Abs. 1 JArbSchG auf Bewilligung der Beschäftigung von Kindern im Kultur- und Medienbereich unterstützen.

Zweck des Bewilligungsverfahrens nach § 6 Abs. 1 JArbSchG und der damit verbun-denen Anhörung des Jugendamtes nach § 6 Abs. 2 JArbSchG ist es, Kindern die gestaltende Mitwirkung an Veranstaltungen nach § 6 Abs. 1 JArbSchG zu ermöglichen, sie dabei im Interesse ihrer Gesundheit und in ihrer ungestörten seelisch-geistigen Entwicklung zu schützen und Beeinträchtigungen des Kindeswohls durch die beantragte Beschäftigung, insbesondere Schädigungen der Entwicklung, zu vermeiden. Eine Beeinträchtigung des Kindeswohls kann z. B. durch:

  • den Charakter der Veranstaltung,
  • Art, Inhalt und Umfang der darstellerischen Leistung,
  • den Arbeitgeber oder seinen Beauftragten,
  • eine Überforderung (z. B. wg. fehlender Eignung des Kindes)
  • hervorgerufen werden.

2. Anlass und Rechtsgrundlage für eine Anhörung nach
§ 6 Abs. 2 JArbSchG

Gemäß § 5 JArbSchG ist die Beschäftigung von Kindern generell verboten. Das JArb-SchG lässt jedoch Ausnahmen zu. Das Gewerbeaufsichtsamt kann nach § 6 Abs. 1 JArbSchG auf Antrag bewilligen, dass Kinder oder vollzeitschulpflichtige Jugendliche (für beide Personengruppen wird hier der Einfachheit halber nur die Bezeichnung Kind verwendet) bei Theatervorstellungen, Musik­auf­führungen und anderen Aufführungen, bei Werbeveranstaltungen, bei Aufnahmen im Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen), Aufnahmen auf Ton- und Bildträgern, sowie bei Film- und Fernsehaufnahmen gestaltend mitwirken und an den erforderlichen Proben teilnehmen. Die Kinder können beispielsweise als Musiker, Schauspieler, Statisten, Artisten, Fotomodelle, Sänger, Tänzer oder Moderatoren eingesetzt werden.

Ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 6 Abs. 1 JArbSchG vorliegen, prüft das Gewerbeaufsichtsamt. Nach § 6 Abs. 2 JArbSchG darf das Gewerbeaufsichtsamt die beantragte Beschäftigung nur nach Anhörung des zuständigen Jugendamts bewilligen.

Eine bestimmte Form ist für die Anhörung nicht vorgesehen. Bei Kindern, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, ist das für den Wohnsitz des Kindes bzw. der Eltern zuständige Jugendamt anzuhören. Soweit Kinder beschäftigt werden, die ihren Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben, kann die Anhörung der Jugendschutzbehörde grundsätzlich entfallen. Es ist dem Gewerbeaufsichtsamt allerdings möglich, und bei Bedenken gegen die beantragte Beschäftigung des ausländischen Kindes ggf. hilfreich, im eigenen Ermessen Kontakt mit dem Jugendamt am Antragsort aufzunehmen.

3. Durchführung einer Anhörung nach § 6 Abs. 2 JArbSchG

3.1 Einholung der Stellungnahme des Jugendamtes

Bei der Anhörung des Jugendamtes zu einem Antrag auf Bewilligung einer Ausnahme nach § 6 Abs. 1 JArbSchG wird das Jugendamt in der Regel um eine schriftliche Stellungnahme anhand einer Vorlage der Gewerbe­aufsichts­ämter gebeten, die dem Antrag des Arbeitgebers als Anlage beigefügt ist (siehe Anlage „Erklärungen und Stellung-nahmen“).

Die Einholung der Stellungnahme des Jugendamtes erfolgt entsprechend der Verwaltungspraxis durch den Arbeitgeber des Kindes, die Personensorgeberechtigten des Kindes oder eine Castingagentur.

Die Stellungnahme des Jugendamtes muss frühzeitig eingeholt werden, damit anschließend eine fristgerechte Bearbeitung des Bewilligungsantrags beim Gewerbeauf-sichtsamt erfolgen kann. Hinsichtlich der Fristen wird auf die Hinweise für den Antrag-steller im Antragsformular der Gewerbeaufsichtsämter (siehe Anlagen) sowie auf Ziffer 3.3 verwiesen.

3.2 Vollständigkeit der Antragsunterlagen

Damit das Jugendamt eine Stellungnahme zu einem Antrag auf Bewilligung einer Ausnahme nach § 6 Abs. 1 JArbSchG abgeben kann, ist es erforderlich, dass dem Jugendamt folgende Informationen/ Unterlagen vorgelegt werden (vgl. die Hinweise für den Antragsteller im Antragsformular der Gewerbeaufsichtsämter sowie in Ziffer 3.3):

Vollständig ausgefüllter Bewilligungsantrag mit Angaben

  • zur Art der Veranstaltung,
  • zur Person des/der Minderjährigen,
  • zum Beschäftigungszeitraum,
  • zur Lage und Dauer des täglichen Aufenthalts am Beschäftigungsort,
  • zur Art der Tätigkeit,
  • zum Titel der Veranstaltung,
  • zu dem/den Beschäftigungsort/en,
  • zu Name und Anschrift des Arbeitgebers,
  • zu Name und Anschrift des Ansprechpartners des Arbeitgebers,
  • zu Name und Anschrift der Betreuungsperson des/der Minderjährigen während der Beschäftigung.

Anlagen zum Bewilligungsantrag:

  • ggf. detaillierte Beschreibung der Mitwirkung des/der Minderjährigen (szenische Be-schreibung),
  • je nach Art der Mitwirkung Text-, Drehbücher, Dreh-, Spiel-, Dispositions-, Auftritts-pläne, Fotokataloge, Storyboard o. ä.,
  • Einverständniserklärung der Personensorgeberechtigten,
  • datenschutzrechtliche Einwilligung der Personensorgeberechtigten gegenüber dem Jugendamt.

Für die Stellungnahme des Jugendamtes ist es nicht erforderlich, dass mit den An-tragsunterlagen die Unbedenklichkeitserklärung eines Arztes und die Unbedenklich-keitserklärung der Schule/Schulbehörde vorgelegt werden. Diese Unbedenklichkeitser-klärungen werden ausschließlich vom Gewerbeaufsichtsamt geprüft.

3.3 Vorlage für einen Bewilligungsantrag sowie für Erklärungen / Stellungnahmen zum Bewilligungsantrag

Die Gewerbeaufsichtsämter stellen den Arbeitgebern eine bayernweit einheitliche Vor-lage für einen Antrag auf Bewilligung einer Ausnahme nach § 6 Abs. 1 JArbSchG mit den Angaben aus Ziffer 3.2 (Spiegelstriche eins bis zehn) sowie für folgende Erklärungen/Stellungnahmen auf dem jeweiligen Internetauftritt der Regierung bzw. einem gemeinsamen Internetauftritt der bayerischen Gewerbeaufsicht zur Verfügung (siehe Anlagen):

  • Einverständniserklärungen der Personensorgeberechtigten,
  • Auskunft der Eltern zur bisherigen Beschäftigung des Kindes im laufenden Kalenderjahr,
  • datenschutzrechtliche Einwilligung der Personensorgeberechtigten gegenüber dem Jugendamt,
  • Unbedenklichkeitserklärung eines Arztes,
  • Unbedenklichkeitserklärung der Schule/Schulbehörde,
  • Stellungnahme des Jugendamtes mit Auskunft, ob für das Kind im laufenden Kalenderjahr bereits Anhörungen nach § 6 Abs. 2 JArbSchG erfolgt sind und um wie viele Beschäftigungstage es sich jeweils gehandelt hat.

In den Vorlagen weisen die Gewerbeaufsichtsämter den Arbeitgeber auf Folgendes hin:

  •  Der Bewilligungsantrag mit den erforderlichen vollständigen Unterlagen, einschließlich der Stellungnahme des Jugendamtes, muss mindestens eine Woche vor Beschäftigungsbeginn dem Gewerbeaufsichtsamt vorliegen, damit eine fristgerechte Bearbeitung erfolgen kann.
  • Für die Einholung der Stellungnahme des Jugendamtes sind diesem die unter der Ziffer 3.2. genannten Unterlagen vorzulegen. Es wird empfohlen, für die Abgabe der Unterlagen einen Termin mit dem Jugendamt zu vereinbaren. Das Jugendamt benötigt für die Erstellung seiner Stellungnahme mindestens eine Woche.

4. Aufgaben des Jugendamtes bei einer Anhörung nach § 6 Abs. 2 JArbSchG

4.1 Allgemeines

Das Jugendamt kann dem Gewerbeaufsichtsamt aufgrund seiner Kenntnisse und Er-fahrungen bei der Prüfung hilfreich sein, ob die beantragte Beschäftigung für das Kind bewilligt werden kann und welche Nebenbestimmungen dazu ggf. erforderlich sind. Vor einer erneuten Bewilligung für das Kind ist das Jugendamt wiederholt anzuhören.

4.2 Prüfung des Kindeswohls

Aufgabe des Jugendamtes ist es festzustellen, ob Beeinträchtigungen des Kindeswohls durch die beabsichtigte Beschäftigung zu erwarten sind. Die Prüfung durch das Jugend-amt erfolgt zweistufig.

Im ersten Schritt stützt sich die Stellungnahme auf die vorgelegten Informationen zur Veranstaltung, Tätigkeit des Kindes, Dauer (Zeitraum) und Häufigkeit (Anzahl der Beschäftigungstage). Das Jugendamt führt hierbei eine pädagogisch inhaltliche Prüfung durch, das heißt, das Jugendamt prüft, ob die Veranstaltung und/oder die Art bzw. der Inhalt der gestaltenden Mitwirkung des Kindes der Altersgruppe des Kindes entspricht, keine jugendgefährdenden Anforderungen gestellt werden und die Dauer und Häufigkeit der Darstellung das Kind nicht überfordern können. Sollten dem Jugendamt auch Erfahrungen mit früheren Veranstaltungen des Antragstellers vorliegen, so kann es diese Erfahrungen in seiner Prüfung einbeziehen.

Ergibt sich daraufhin noch weiterer Prüfungsbedarf, so werden im zweiten Schritt die beim Jugendamt vorliegenden Erkenntnisse zum Kind bzw. zum sozialen und familiären Umfeld des Kindes hinzugezogen.

4.2.1 Prüfung auf Grundlage der vorgelegten Informationen

Zunächst prüft das Jugendamt anhand der vom Antragsteller vollständig übermittelten Unterlagen und ggf. seiner Erfahrungen mit früheren Veranstaltungen des Antragstel-lers, ob die Beschäftigung bereits nach ihrer Art und Dauer Beeinträchtigungen des Kindeswohls erwarten lässt.

Keine Beeinträchtigung des Kindeswohls ist zu erwarten, z. B. bei einmaligen Veranstaltungen, wie einer Modenschau oder sehr kurzen Beschäftigungszeiten, wie bei Sprachaufnahmen üblich usw.

Aus den vorgelegten Informationen zur Tätigkeit, Veranstaltung, Dauer und Häufigkeit oder evtl. Erfahrungen mit früheren Veranstaltungen des Antragstellers kann sich allerdings auch ergeben, dass eine Beschäftigung des Kindes Beeinträchtigungen des Kindeswohls erwarten lässt. Dementsprechend kann das Jugendamt auch ohne eine zusätzliche Prüfung zu einem negativen Prüfungsergebnis kommen.

Beeinträchtigungen sind insbesondere dann zu befürchten, wenn der Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen schon nach dem Jugendschutzgesetz (§§ 4 bis 6) nicht gestattet ist, beispielsweise eine gestaltende Mitwirkung bei Dreharbeiten in einer Spielhalle.
Eine fehlende datenschutzrechtliche Einwilligung der Personensorgeberechtigten ist für die Prüfung auf Grundlage der vorgelegten Informationen für das Jugendamt unerheblich.

4.2.2 Einbeziehung weiterer Informationsquellen

Soweit die Beschäftigung nach ihrer Art (Inhalt der Beschäftigung) oder Dauer nicht eindeutig als unschädlich oder nicht beeinträchtigend eingestuft werden kann, sind die zu erwartenden Beeinträchtigungen des Kindeswohls vertieft zu prüfen. Um die Per-sönlichkeit des Kindes sowie das soziale und familiäre Umfeld in die Prüfung einzube-ziehen, sind die weiteren Fachbereiche des Jugendamtes, insbesondere der Allgemeine Sozialdienst, die Bezirkssozialarbeit oder die Jugendgerichtshilfe, aufzufordern, die bei ihnen zur Person eventuell vorliegenden Informationen zu übermitteln. Hierfür ist die datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung der Personensorgeberechtigten erforderlich (siehe Ziffer 3.3 sowie Anlage). Liegt die Erklärung nicht vor, weist das Jugendamt denjenigen, der die Stellungnehme einholt, darauf hin, dass die Anhörung ohne diese Erklärung nicht fortgesetzt werden darf.

Zudem sollte das Jugendamt das Kind mit seinen Personensorgeberechtigten zum persönlichen Gespräch einbestellen, falls die Beschäftigung nach ihrer Art (Inhalt der Beschäftigung) oder Dauer nicht eindeutig als unschädlich oder nicht beeinträchtigend eingestuft werden kann, um unmittelbare Informationen zur Person sowie zum familiä-ren und sozialen Umfeld zu erhalten.

4.3 Stellungnahme und Auflagen

Nach der Prüfung nimmt das Jugendamt Stellung zur beantragten Beschäftigung. Da-für kann es die Vorlage der Gewerbeaufsichtsämter verwenden, die im Regelfall dem Antrag des Arbeitgebers als Anlage beigefügt ist (siehe Anlage). Im Falle eines negativen Prüfergebnisses vermerkt das Jugendamt, dass Beeinträchtigungen des Kindeswohls zu erwarten sind und begründet dies kurz. Sofern es das Kindeswohl erfordert, kann das Jugendamt dem Gewerbeaufsichtsamt Nebenbestimmungen für die Bewilligung nach § 6 Abs.1 JArbSchG vorschlagen, um durch die Beschäftigung entstehende Belastungen auszugleichen. Als Nebenbestimmung kommen vor allem zeitliche Beschränkungen beispielsweise hinsichtlich der Zahl der Auftritte in Frage, das Unterlas-sen einzelner vorgesehener Beschäftigungsinhalte oder eine begleitende Betreuung durch eine pädagogische oder psychologische Fachkraft, für die der Antragsteller auf-zukommen hat. Nebenbestimmungen vermerkt das Jugendamt auf der Vorlage der Gewerbeaufsichtsämter oder auf einem Beiblatt.

Zur besseren Überprüfbarkeit der bereits bewilligten Beschäftigungstage im Kalender-jahr durch das Gewerbeaufsichtsamt teilt das Jugendamt im Rahmen seiner Stellung-nahme mit, ob für die Beschäftigung des Kindes im laufenden Kalenderjahr bereits An-hörungen gemäß § 6 Abs. 2 JArbSchG erfolgt sind und um wie viele Beschäftigungsta-ge es sich dabei jeweils handelte (siehe Anlage).

Das Jugendamt übermittelt seine Stellungnahme an denjenigen, der sie einholt. Dieser ist selbst dafür verantwortlich, die Stellungnahme des Jugendamtes an das Gewerbeaufsichtsamt fristgerecht weiterzuleiten. Vertrauliche Informationen, die dem Sozialdatenschutz unterliegen, werden vom Jugendamt auf entsprechende Anfrage des zuständigen Gewerbeaufsichtsamtes direkt übermittelt. Voraussetzung hierfür ist die datenschutzrechtliche Einwilligung der Personensorgeberechtigten (siehe Anlage „Erklä-rungen und Stellungnahmen“ Ziff. V).

gez.

Dipl.- Ing. Hiltensperger
Ministerialrat

gez.

Gold
Ministerialrätin

Anträge zur Beschäftigung von Kindern und vollzeitschulpflichtigen Jugendlichen erhalten Sie bei den zuständigen Gewerbeaufsichts­ämtern.