II. Die beiden kooperierenden Systeme 18 JaS-Handbuch II.1.2 Grundsätze der Jugendhilfe Die Lebenswelt- und Alltagsorientierung stellt einen Grundsatz der Kinder- und Jugendhilfe dar. Jugendhilfe soll und muss für die jungen Menschen und deren Eltern im Alltag zugänglich sein. Die Integration, die Partizipation und die Lebensweltorientierung stehen dabei für sie im Vordergrund (vgl. BMJFFG, 1990, S. 85ff). Der Vertrauensschutz, die Parteilichkeit und die Freiwilligkeit stellen dabei ein hohes Gut der Jugendhilfe in Deutschland dar. II.1.2.1 Einmischung – Parteilichkeit – Partizipation Der Auftrag der Kinder und Jugendhilfe ist es, gesellschaftliche Entwicklungen zu analysieren und sich in alle Bereiche einzumischen, die das Leben der Kinder und Jugendlichen betreffen (Alsago, 2019). Der Fokus liegt dabei nicht nur auf der Begleitung eines einzelnen Kindes, sondern ihre Hilfen orientieren sich an den Lebensbedingungen aller Kinder und Jugendlichen. Die Grundlage zur Einmischung der Jugendhilfe für die Belange der jungen Menschen und/oder deren Eltern findet sich in § 1 SGB VIII. Um die Belange der jungen Menschen und deren Eltern fördern und unterstützen zu können, arbeitet die Jugendhilfe parteilich für eben diese und vertritt deren Interesse im Sinne des § 1 SGB VIII. Auch die gesamtgesellschaftlichen Bedingungen, die die Entwicklung der jungen Menschen prägen, sind eine Aufgabe der Jugendhilfe (Kunkel & Pattar, Sozialgesetzbuch VIII Kinder und Jugendhilfe Lehr und Praxiskommentar, 2022). So gehört dazu die Beteiligung der jungen Menschen an Entscheidungen und Planungen ihrer Lebens- und Sozialräume wie z. B. die Gestaltung von Spielplätzen und Schulhöfen. Auch bei weitergehenden Fragen der Stadtentwicklung sollen die Kinder und Jugendlichen in angemessener Weise beteiligt werden und ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Wünsche und Interessen mit einzubringen. Die jungen Menschen sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand bei allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen und mit einzubeziehen (vgl. § 8 Abs. 1 SGB VIII). Dies beinhaltet das Recht, dass junge Menschen sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt wenden können (vgl. § 8 Abs. 2 SGB VIII). Sie haben dort Anspruch auf Beratung durch das Jugendamt auch ohne Kenntnis der Eltern. Möchten die jungen Menschen nicht, dass ihre Eltern von der Beratung im Jugendamt erfahren, so haben sie dazu das Recht, solange durch die Mitteilung an die Eltern der Beratungszweck vereitelt würde. Diese Beratung kann auch von einem Träger der freien Jugendhilfe vorgenommen werden (vgl. § 8 Abs. 3 SGB VIII) und hat in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form zu erfolgen (§ 8 Abs. 4 SGB VIII). Bei allen Belangen, also der Grundrichtung der Erziehung und der Gleichberechtigung junger Menschen, sind bei der Ausgestaltung der Aufgaben und Erfüllung der Leistungen der Jugendhilfe immer die unterschiedlichen Lebenslagen von weiblichen, männlichen sowie transidenten, nichtbinären und intergeschlechtlichen jungen Menschen zu berücksichtigen. Benachteiligungen sind dabei abzubauen und die Gleichberechtigung der Geschlechter sind zu fördern (vgl. § 9 Abs. 3 SGB VIII). Die gleichberechtigte Teilhabe von jungen Menschen mit und ohne Behinderung muss dabei umgesetzt und vorhandene Barrieren müssen abgebaut werden (vgl. § 9 Abs. 4 SGB VIII). II.1.2.2 Lebenswelt- und Sozialraumorientierung Wechselnde Bedürfnisse und Lebensverhältnisse junger Menschen und deren Familien sind die Orientierungspunkte jungendpolitischen Denkens und Handelns. Maxime der Kinder- und Jugendhilfe ist es, schnell und adäquat auf neue Bedarfslagen reagieren zu können. Berücksichtigung findet dabei das gesamte Familiensystem, in dem junge Menschen aufwachsen. Von Bedeutung sind die innerfamiliären Strukturen und Beziehungsgeflechte, der Bereich der Förderung und Bildung, die Peergroups, die Nachbarschaft und alle weiteren Faktoren, die Einflüsse nehmen auf die Entwicklung der jungen Menschen. Es findet also der gesamte Sozialraum und die individuelle Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen Berücksichtigung (vgl. § 16 Abs. 2 SBG VIII). Mitgedacht wird dabei auch, dass junge Menschen nicht durch geschlechtsspezifisches Erziehungsverhalten auf tradierte einseitige Lebensentwürfe und Rollenmuster festgelegt werden sollen. Die Grundsätze Einmischung Parteilichkeit Beteiligung -konkret – für die JaS-Fachkräfte bedeute dies, dass sie im Fall der Beratung junger Menschen deren Eltern nicht informieren müssen, solange durch die Mitteilung der Beratungszweck vereitelt würde! Z. B. Suchterkran- kung der Eltern/ junger Mensch möchte sich erkundigen, welche Möglichkeiten er hat/ Eltern könnten, bei Information durch die JaS, zukünftige Termine unterbinden/ vereiteln! Gender
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