JaS Handbuch

II. Die beiden kooperierenden Systeme 20 JaS-Handbuch Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen hierzu Vereinbarungen abschließen wie sie in § 72a SGB VIII benannt sind. II.1.2.5 Methodenvielfalt In ihrer Herangehensweise an die unterschiedlichen Herausforderungen in der Arbeit mit der Zielgruppe kann die Kinder- und Jugendhilfe auf ein breites Portfolio an Methoden zurückgreifen. Je nach Fallkonstellation bedient sie sich dabei unterschiedlicher Vorgehensweisen und Methoden. Die Jugendhilfe orientiert sich dabei an den drei primären Methoden der Sozialen Arbeit, der Einzel- und Familienhilfe, der Sozialen Gruppenarbeit und der Arbeit im Gemeinwesen, die ergänzt werden durch die sekundären Methoden wie Beratung, Planung, Supervision und anderen, auf die in einem späteren Kapitel eingegangen wird. Die sozialpädagogischen Fachkräfte der Jugendhilfe unterstützen in der Einzel- und Familienhilfe die jungen Menschen und deren Familien, eigene Problemstellungen zu erkennen, Lösungsschritte zu entwickeln und eigene Kräfte zu mobilisieren. Diese Form des Empowerments (Selbstbemächtigung) zielt darauf ab, dass die Hilfesuchenden Fähigkeiten entwickeln und verbessern, um ihre soziale Lebenswelt und ihr Leben selbst gestalten zu können, um sich somit nicht weiter von außen gestalten zu lassen (vgl. Brandes & Stark, 2021). Eine immer größer werdende Bedeutung spielt die Soziale Gruppenarbeit in den Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe. Kam sie noch bis vor wenigen Jahren fast ausschließlich bei Jugendlichen zum Einsatz, so gehört sie inzwischen zum Standardrepertoire in fast allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe. Ziel der Sozialen Gruppenarbeit ist es, durch Einsatz der Gruppe Einstellungen und Verhaltensweisen der Zielgruppe zu verändern. Beispiele für die Anwendungsbereiche der Sozialen Gruppenarbeit sind Trainings für gewaltbereite, straffällige, suchtabhängige oder auch arbeitslose Jugendliche. Problemstellungen können dabei in der Gruppe bearbeitet und dadurch Selbsthilfekräfte mobilisiert werden (vgl. Kunkel & Pattar, 2022, § 29 SGB VIII Rn. 11-13). Weitere Anwendungen findet die Soziale Gruppenarbeit beispielsweise bei Kindern und Jugendlichen, deren Eltern sich in Trennung oder Scheidung befinden, und in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, in deren Familien eine Suchtproblematik vorliegt. Die Soziale Gruppenarbeit findet auch Berücksichtigung bei den Hilfen zur Erziehung (HzE) im § 29 SGB VIII. Die Gemeinwesenarbeit (GWA) gibt Orientierung für die professionelle Arbeit im Sozialen Raum, also den Stadtteilen und/oder den Gemeinden. Die Soziale Arbeit bezieht sich in ihrem Handeln auf den Sozialen Raum und damit nicht nur auf geographische bzw. physische Räume wie Stadtteile oder ländliche Regionen (vgl. Stövesand & Stoik, 2013). Ziel der GWA ist es, Kräfte im Sozialen Raum zu bündeln, insbesondere für die Unterstützung sozial benachteiligter Familien. Die GWA organisiert Dienste, Einrichtungen und Angebote wie Selbsthilfegruppen, Eltern-Kind-Gruppen, Hausaufgabenbetreuung, und Jugendtreffs. Vorrangig ist die GWA zivilgesellschaftlich organisiert und wird von der Jugendhilfe professionell gestützt und unterstützt. II.1.2.6 Kooperation Um ihren Aufgaben allumfänglich gerecht werden zu können, ist die Kinder- und Jugendhilfe auf Kooperationen angewiesen. Da die rechtlichen und fachlichen Möglichkeiten der Jugendhilfeträger alleine bei weitem nicht ausreichen, eine ganzheitliche, an den Wünschen und Bedürfnissen der jungen Menschen und ihrer Eltern orientierte Lebenswelt zu schaffen, verpflichtet § 81 SGB VIII die Jugendhilfe zur strukturellen Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen, deren Tätigkeit sich auf die Lebenssituation junger Menschen und ihrer Familien auswirkt (vgl. Kunkel & Pattar, 2022, § 81 SGB VIII Rn 1-3). Nachfolgende Grafik gibt einen umfänglichen Überblick der Stellen und Institutionen, mit denen die Jugendhilfe kooperiert. Die grün gefärbten Felder zeigen die Institutionen und Stellen auf, die eine hohe Relevanz für die JaS-Fachkräfte haben. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass die Schule die zentrale Institution für junge Menschen ist. Aus diesem Grund verpflichtet das SGB VIII die Träger der öffentlichen Jugendhilfe ausdrücklich zur Zusammenarbeit mit der Schule. Die korrespondierende Norm auf Schulseite findet sich in Art. 31 BayEUG. Gerade bei der Abklärung von Gefährdungsrisiken junger Menschen ist die Kooperation mit den Einrichtungen und Stellen des Gesundheitswesens und anderer Fachdisziplinen von besonderer Bedeutung. Anzumerken ist, dass § 81 SGB VIII lediglich die strukturelle Zusammenarbeit regelt. Kooperationen müssen sich deshalb im Einzelfall an konkreten einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und den dort eingeräumten Befugnissen orientieren. Einzel- und Familienhilfe Soziale Gruppenarbeit Gemeinwesenarbeit

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