Mitteilungsblatt 1/2020

M I T T E I L U N G S B L A T T 01-2020 10 Möglich ist aber auch nach Themen, die auf Aktivitäten der Szenegängerinnen und Szenegänger ausgerichtet sind, zu unterschieden. Hier wäre der Musikstil, die ästhetische Neigung, die Sportart, das moralische An- liegen, die technische Faszination sowie die politische Idee ausschlaggebend. 15 Die Aktivität bzw. Ausdrucks- form kann eine Abgrenzung zur Elterngeneration sein und es Jugendlichen erstmals ermöglichen, ein eigenes Generationengefühl in der „Gleichaltrigen-Gesellschaft“ zu entwickeln. Andererseits sind Szenen nicht unbe- dingt eine Gleichaltrigen-Gemeinschaft sondern verbin- den über die Gleichartigkeit. Zugehörigkeit in Jugendszenen Im 15. Kinder- und Jugendbericht wurden Zwölf- bis 17-Jährige nach ihrer Einstellung zu Jugendszenen gefragt. Hip-Hop ist innerhalb des vorgegeben Rasters an Szenen die bekannteste und Parkour die beliebteste Jugendszene. Die Skater Szene bzw. das Skateboarden hat ähnliche Werte wie Hip-Hop. Die linke Szene ist am unbekanntesten und die rechte Szene findet kaum Sympathisanten bei den 12- bis 17-Jährigen und wird mehrheitlich abgelehnt. 16 In einer anderen Studie wurden Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren nach ihrer eigenen Verortung in einer Jugendszene bzw. zu einem Jugendstil befragt. Un- abhängig von der Schulart, des Bundeslandes und mit oder ohne Migrationshintergrund haben sich 2/3 der Jugendlichen in einer Jugendszene verortet. Mädchen waren im Vergleich zu den Jungen etwas weniger in Gruppenstilen verortet. 17 Diese starke Verortung deutet darauf hin, dass Jugendszenen ein relevanter Raum für Selbstbeschreibung sind. Jugendszenen und soziale Räume Auch wenn jugendkulturelle Ausdrucksformen gesell- schaftlich als Form der Lebensbewältigung akzeptiert sind, werden Cliquenbildung, Protest, Risikoverhalten oder Vandalismus als Zeichen für misslingende Soziali- sation gedeutet. 18 Für die Entwicklung einer subkulturellen Identität wurde der öffentliche Raum zum Schlüssel. 19 Baacke 20 bedient sich der Sozialökologie, des ökosyste- mischen Ansatzes des Psychologen Urie Bronfenbren- ner, um hier einen Erklärungsansatz für das Raum-Pro- blem von Jugendkulturen zu finden. Dieser Ansatz betrachtet die Wechselbeziehungen zwischen sozialer Umwelt und sozialem Handeln des Menschen. Die kon- kreten Handlungs- und Erfahrungszusammenhänge der Jugendkulturen können demnach nur erfasst werden, wenn man die jugendlichen Lebenswelten genauer betrachtet. In seiner Beschreibung der Lebenswelt stellt diese verschiedene Zonen dar, die sich in konzentrischen Kreisen anordnen lassen und durchschritten werden. Die Lebenswelt als Kleinkind bildet das ökologische Zentrum. Hier werden wir hineingeboren, emotionale Bindung ist vorherrschend und die primäre Sozialisation findet statt. Die zweite Zone definiert Baacke als öko- logischen Nahraum. Außenbeziehungen und Spielpart- nerinnen und Spielpartner werden gefunden. Dies sind z.B. die Wohngegend, Spielplätze, Innenhöfe, Parks. Die Raumnutzung ist nicht stark definiert. Die dritte Zone sind ökologische Ausschnitte, die von funktions- bestimmten Beziehungen geprägt sind. Deutlich ist dies am Beispiel der Schule: bestimmte Aufgaben und der Zweck der Wissensvermittlung stehen im Vordergrund. Andere Lebensbezüge sind ausgegrenzt. Gleichzeitig werden funktionsdefinierte Settings gestaltet, in denen Jugendliche Gleichaltrigenbeziehungen entwickeln. Die letzte Zone wird als ökologische Peripherie beschrieben. Sie gilt als nicht systematischer, sondern nur zuweilen zur Verfügung stehender Handlungsraum. Die Einteilung in Zonen erlaubt es, Handlungsräume von heranwachsenden Menschen zu beschreiben. Zunächst sind die Handlungsräume begrenzt, vergrößern sich und ändern die Qualität. Die Ganzheitlichkeit, die ein Kind erfährt, wird durch die Ausschnitte immer mehr in unterschiedliche Funktionen gesplittert. Dies ist auch ein zentrales Kennzeichen für das Aufwachsen in einer modernen Gesellschaft. Folgend werden an Fragestellungen das Raum-Problem von Jugendkulturen als Form der Lebensbewältigung von Jugendlichen und damit auch ihre Relevanz belegt. So steht die Frage nach der Konnexität in der Wech- selbeziehung zu den Lebensbereichen, also welche Verbindung haben die verschiedenen Zonen bzw. welche Übergänge und Brücken zwischen den Zonen gibt es. Baacke stellt fest, dass Jugendkulturen zum Teil 15 Bingel; 16 15. Kinder- und Jugendbericht; 17 Pfaff; 18 Bingel; 19 Ebenso; 20 Baacke I N F O

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