Mitteilungsblatt 1/2020

M I T T E I L U N G S B L A T T 01-2020 12 Risiko-Dimensionen wurden bei 8- bis 20-Jährigen in Verletzungs-Risiken (Sprünge, balancieren, klettern, S-/U-Bahn-Surfen, Gewalt gegen Personen), Schmerz-Ri- siken (autoaggressive Handlungen, Brennnesseln an- fassen, Feuerlaufen), Bestrafungs-Risiken (Delinquenz, Rauchen, Alkohol, Drogen) und Soziale-Risiken (Ableh- nung, Ächtung, ausgelacht werden) unterteilt. Der Anteil der Jungen (28 bis 42% Jungen, je nach Studie) ist hier deutlich höher als bei Mädchen (17 bis 33% Mädchen, je nach Studie). Auffallend ist, dass 39% sagen, dass dies zum Jung-Sein dazu gehört, sie etwas beweisen wollen und einen Kick erleben möchten. Die meisten gaben als Motiv an, Spaß haben zu wollen (58%). 23 Festzustellen ist, dass der Einfluss von Peers zunimmt und riskantes Verhalten eine Möglichkeit darstellt, sich von den Werten der Erwachsenen abzugrenzen. Jugendliche halten sich für unverletzbar und bewerten damit riskantes Verhalten anders. Da Mutproben in Gruppen stattfinden, wird hier auch der Konformitäts- wunsch als Bedürfnis nach Verbundenheit wichtig. Im Rahmen der Gruppendynamik werden auch zwei Phänomene wichtig. So fallen von der Gruppe kollek- tiv getroffene Entscheidungen einerseits tendenziell riskanter aus (STONER, 1961), da die Verantwortung meist diffus bleibt, aktive und risikofreudige Personen mehr Durchsetzungsvermögen in der Gruppe haben und Mut sozial erwünscht ist. Wenn aber andererseits die Mehrheit der Gruppe zu Vorsichtigkeit tendiert, wird das Gruppenverhalten vorsichtiger (Group-Think, Janis 1972), da z.B. der Konformitätsdruck in der Gruppe zu verzerrten Denk- und Entscheidungsprozessen führt und die Gruppenmitglieder daran hindert, durchdachte Entscheidungen zu treffen. 24 Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass Risikoverhal- ten im Jugendalter mit einem hohen Testosteronwert einher geht. 25 Die Risikobereitschaft machen sich extremistische Grup- pen zu Nutze, indem sie mit unverfänglichen Formulie- rungen und unverdächtigen Aufmachungen an aktuellen Ereignissen anknüpfen oder stark emotionalisieren, um junge Menschen zu rekrutieren. Dabei greifen sie auf popkulturelle Elementen und Zitate (z.B. Comics, digitale Online-Spiele, Markensymbole) zurück. Die Zunahme der audiovisuellen Propagandamittel im Netz wird schon als dritte Phase der islamistischen Internetzpräsenz gewertet. 26 Risikoverhalten birgt auch geschlechtsspezifische Aus- prägungen. So ist das selbstverletzende Verhalten bei Mädchen, v.a. ab 14 Jahren, ausgeprägt. Jungs werden oft noch in Zusammenhang mit riskanten Konsummus- tern bei Alkohol gesehen. Allerdings wird hier außer Acht gelassen, dass Mädchen ihren Kalorienverbrauch damit kompensieren, dass sie auf Essen an Tagen mit riskanten Konsummustern verzichten und somit schnell in ein höheres Wirkungsspektrum von Alkohol gelangen. Bei den Trends von substanzmittelbezogenen Risikover- haltensweisen nimmt der Cannabiskonsum weiter zu. 27 Für die Analyse von Jugendkulturen und substanzmit- telbezogenem Risikoverhalten kann insbesondere eine lokale Studie 28 aus Frankfurt a. M. Aufschluss geben. Hierzu wurden 2017 Schülerinnen und Schüler von 15 bis 18 Jahren befragt. Grundsätzlich sind Erfahrungen mit Kräutermischungen (6%) und der Missbrauch von Medikamenten (1%) konstant. Der Konsum von Lachgas (12%) in Form von Sahnekapseln hat seinen Höchst- stand. Mädchen ziehen bei harten Drogen mit den Jungs gleich. Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass der Tabak- und Cannabiskonsum sowie der Konsum von harten Drogen bei Jugendlichen mit einer Präferenz zu einem Musikstil (höre ich sehr gerne) höher ist als bei Jugend- lichen, die sich nicht damit identifizieren (Tabak täglich 12%, Cannabis Lifetime 35%, harte Drogen Lifetime 9%). Dahingegen ist die Trunkenheit in den letzten 30 Tagen (54%) bei Jugendlichen, die sich mit keinem 23 Limbourg; 24 Ebenso; 25 Ebenso; 26 15. Kinder- und Jugendbericht; 27 Orth & Merkel; 28 Kamphausen, Werse, Klaus, Sarvari; 29 Ebenso I N F O Musikstil „Sehr gerne“ Tabak täglich Sig. Trunk enheit 30 Tage Sig. Cannabis Lifetime Sig. „Harte Drogen“ Lifetime Sig. Abstin enz 30 Tage Sig. Pop 15 *** 42 * 40 *** 12 *** 27 n.s. Hip-Hop 26 *** 50 *** 55 *** 18 * 24 * Rock 19 n.s. 48 n.s. 52 n.s. 19 n.s. 20 * Techno 34 *** 57 *** 70 *** 37 *** 12 *** Indie/Alt. 18 n.s. 46 n.s. 58 ** 20 n.s. 30 n.s. Heavy Metal 30 * 52 n.s. 63 ** 39 *** 14 ** Punk 21 n.s. 60 n.s. 57 n.s. 33 ** 14 * Reggae 21 n.s. 48 n.s. 62 ** 31 *** 17 * Klassik 22 n.s. 38 n.s. 38 * 13 n.s. 31 n.s. Gesamt 20 45 48 17 27 Befragung 2017: Einige Prävalenzraten legaler und illegaler Drogen sowie aktueller Abstinenz bei Schülerinnen und Schülern, die einen Musikstil „sehr gerne“ hören (%) in der Gesamtstichprobe 29 .

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI4NDAy