Mitteilungsblatt 1/2020

M I T T E I L U N G S B L A T T 01-2020 13 Musikstil identifizieren, höher aber auch die Abstinenz in den letzten 30 Tagen (40%) mehr vertreten. Markant ist, dass die Affinität zu legalen und illegalen Drogen in der Technoszene am größten ist. Der Cannabiskonsum sticht in der Reggae-Szene und der Konsum von harten Drogen in der Heavy Metal-Szene heraus. 30 Sollten Jugendliche frei von allen Risikover- haltensweisen aufwachsen, um eine weitge- hend positive Entwicklung zu durchlaufen? Dieser Frage gingen Shedler und Block (1990) 31 in ihrem groß angelegten Längsschnittprojekt nach. Sie erfassten die Häufigkeit von Substanzgebrauch und -missbrauch bei 18-Jährigen, die seit dem dritten Lebensjahr wie- derholt untersucht worden waren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Die „Abstinenten“ (29% der Teilnehmenden), die nie Er- fahrungen mit illegalen Drogen gemacht hatten, gelten als übermäßig kontrolliert, sozial isoliert, mit geringen sozialen Fertigkeiten und neigten als Kinder dazu, ängst- lich und gehemmt zu sein. Die zweite Gruppe wurde „Experimentierer“ (36%) genannt. Sie haben Marihuana wenige Male probiert. Sie gelten als sozial kompetent, fröhlich, tatkräftig, mit hoher Selbstzufriedenheit und waren in ihrer Kindheit aufgeschlossen und stressre- sistenter. Sie wiesen größere soziale Fertigkeiten auf als die anderen Gruppen. Die dritte Gruppe sind die „häufigen Anwender“ (20%). Sie berichteten, Marihua- na mindestens einmal pro Woche geraucht und mindes- tens mit einer anderen Droge Erfahrungen gemacht zu haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gelten als zurückgezogen, problembelastet, bedrückt, mit antisozi- alem Verhalten und wurden als unsichere, unglückliche Kinder beschrieben. Folgernd können Risikoverhaltensweisen zum „norma- len“ Heranwachsen dazugehören und ein moderates Maß an Risikobereitschaft im Jugendalter als normativ und mit einigen positiven psychischen Merkmalen ver- bunden angesehen werden. Herausforderungen für den Jugendschutz Jugendszenen und Jugendkulturen haben eine Bedeu- tung für die Ausrichtung der Jugendpolitik, die Jugend- forschung und den Jugendschutz. Für den Jugendschutz entspricht die juristische Abgren- zung von Volljährigkeit nicht immer den gesellschaft- lichen und subjektiv erlebten Gegebenheiten. Hier könnten Übergänge stärker bedacht werden. Durch die Präsenz von Jugendszenen im Öffentlichen Raum werden diese oft erst sichtbar. Regelverletzungen sind zentraler Bestandteil der Jugendphase und bieten eine Chance für den Diskurs einer demokratischen Gesell- schaft. Der Raumbedarf muss Eingang in die Ausrich- tung der Jugendpolitik finden. Die Drogenaffinität weist szenetypische Merkmale auf. Hier sind adressatenbezogene Konzepte ohne krimina- lisierende Maßnahmen wichtig, um jungen Menschen Unterstützung zu bieten. Medienaffine Jugendliche weisen eine stärkere Bindung zu Jugendszenen und Jugendkulturen auf. Gerade hier finden suspekte Gruppen durch jugendkulturelle Stilele- mente Zugang. Der Schutz im medialen Raum gewinnt daher noch weiter an Bedeutung und diesem muss strukturell und personell Rechnung getragen werden. Jugendschutz muss jugendkulturelle Codes dechiffrie- ren, um Bedürfnislagen zu erkennen und zielgruppen- gerechte Konzepte zu entwickeln. Dafür sind Szene- kenntnisse wichtig, die ihre Grundlage in der Jugendfor- schung finden müssen. Jugendszenen sind oftmals mit jugendschutzrelevanten Problemen allein gelassen. Daher könnte sich der Ju- gendschutz stärker als Dienstleister für Jugendszenen einbringen, um gemeinsam Herausforderungen zu er- kunden und Unterstützungsmaßnahmen zu entwickeln. Quellenverzeichnis Bundesjugendkuratorium (2009): Zur Neupositionierung der Jugendpolitik https://www.bundesjugendkuratorium.de/assets/pdf/ press/bjk_2009_1_stellungnahme_jugendpolitik.pdf. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2017): 15. Kinder- und Jugendbericht. Bundes- anzeiger Verlagsgesellschaft. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2009): 13. Kinder- und Jugendbericht. Bundes- anzeiger Verlagsgesellschaft. 30 Ebenso; 31 Scheithauer, Hayer, Niebank I N F O

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