Mitteilungsblatt 1/2020

M I T T E I L U N G S B L A T T 01-2020 35 I N F O Eine unmittelbare Ausübung der Aufgaben des Pflegers, Vormunds oder Beistands durch den Leiter des Jugendam- tes ist ausgeschlossen, wenn ihm nicht ebenfalls die Ausübung übertragen worden ist (vgl. Tillmanns in Münchener Kommentar zum BGB, § 55 SGB VIII, Rn. 10). e) Aufsicht, Kontrolle oder Rechnungsprüfung Im Hinblick auf eine Datenverarbeitung zum Zweck der Aufsicht, Kontrolle oder Rechnungsprüfung gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 SGB VIII ist aufgrund der Gesetzesformulierung („im Hinblick auf den Einzelfall“) zu beachten, dass eine regelmäßige Vorlage von Akten an die Landrätin bzw. den Landrat oder die Oberbürgermeisterin bzw. den Ober- bürgermeister und an die zuständige Abteilungsleitung nicht erlaubt ist (vgl. hierzu bereits 17. Tätigkeitsbericht des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz 1996, Ziff. 4.7.2 Datenschutz bei Amtspflegschaft und Amts- vormundschaft gemäß § 68 SGB VIII, online abrufbar unter https://www.datenschutzbayern.de/tbs/tb17/tb17.pdf ). 2. Zusammenarbeit mit anderen Bereichen innerhalb des Jugendamtes Zunächst ist immer zu prüfen, ob eine Weitergabe personenbezogener Daten erforderlich ist, d.h. zur Aufgabener- füllung tatsächlich notwendig ist. Gegebenenfalls ist z.B. ein fachlicher Austausch innerhalb des Jugendamtes auch ohne Nennung personenbezogener Daten möglich; dann ist auch dementsprechend zu verfahren. Des Weiteren ist festzuhalten, dass eine Datenweitergabe zwischen zwei Sachgebieten eines Jugendamtes eine Datenübermittlung darstellt, da im Jugendamt jede Organisationseinheit, die eine Aufgabe nach einem der beson- deren Teile dieses Gesetzbuches (z.B. SGB VIII) wahrnimmt, jeweils als (selbständiger) Verantwortlicher gilt (siehe § 67 Abs. 4 S. 2 SGB X; sog. funktionaler Stellenbegriff). Das bedeutet, dass es für die Zulässigkeit eines solchen Austausches personenbezogener Daten (= Datenübermittlung) einer Übermittlungsbefugnis bedarf. Eine solche kann sich aus einer Rechtsvorschrift oder durch die Erklärung einer Einwilligung ergeben. Allerdings wären im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Beistandschaft, Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft (= Anwendungsbereich von § 68 SGB VIII) die Übermittlungsbefugnisse des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (z.B. § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X) wegen § 61 Abs. 2 SGB VIII nicht anwendbar. Des Weiteren dürfen Personen oder Stellen, die Sozialdaten von einem Beistand, Amtsvormund und Amtspfleger übermittelt bekommen haben, diese nur zu dem ursprünglichen Übermittlungszweck weiterverwenden (Zweckbin- dung; § 68 Abs. 4 SGB VIII). Eine Zweckänderung ist grundsätzlich ausgeschlossen. Es können nachfolgend nicht alle Fallkonstellationen beleuchtet werden, die innerhalb eines Jugendamtes relevant werden könnten; es erfolgt eine Beschränkung auf entsprechend Ihrer Rückmeldungen der Jugendämter häufig vorkommende Konstellationen. Zudem beziehen sich die Ausführungen insbesondere nur auf eine zulässige „Daten- herausgabe“ durch Beistände, Pfleger und Vormünder gem. § 68 SGB VIII. a) Tätigkeit als Beistand Die Aufzählung der Aufgaben eines Beistands in § 1712 BGB ist abschließend und einer erweiternden Auslegung daher – wenn überhaupt – höchstens in eng begrenztem Umfang zugänglich (BGH, Urteil vom 24. September 1981, Az. IX ZR 80/80). Eine Datenweitergabe an die jeweils zuständige Urkundsperson dürfte ohne Weiteres zulässig sein, wenn eine Vater- schaftsanerkennung, Sorgeerklärung bzw. Unterhaltsverpflichtung im Raum steht. Datenerhebungen und -übermittlungen des Beistandes sind dagegen grundsätzlich ausgeschlossen für Aufgaben unter anderem der Unterhaltsvorschusskasse nach dem Unterhaltsvorschussgesetz oder für die Wirtschaftliche Ju- gendhilfe zur Heranziehung von Eltern und Kind nach den §§ 90 bis 94 SGB VIII. (Umfassende) Lese- bzw. Zugriffsberechtigungen bei IT-Verfahren für UVG-Stellen bzw. Wirtschaftliche Jugendhilfe halte ich daher für äußerst problematisch; nur die Einsicht in gewisse Grund-/Stammdaten würde ich für zulässig erachten.

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