Mitteilungsblatt 02 2021

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 1 - 2 0 2 1 11 I N F O Landesjugendhilfeausschuss hinter der Beschreibung eines bayerischen Ombudschaftswesens, dem darin an- gelegten ergebnisoffenen Projektvorhaben und seinen formulierten Rahmenbedingungen wie auch fachlichen Positionierungen stehen können. Der Beschluss des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses hierzu war einstimmig. Herausgestellt bzw. erläutert werden muss an dieser Stelle auch das gemeinsam entwickelte Verständnis ei- nes bayerischen „Ombudschaftswesens“ im Vergleich zur allseits gebräuchlichen Verwendung des Begriffs der Ombudsstelle. Hierzu ist auszuführen, dass der bayeri- sche Diskussionsprozess rund um mögliche Aufgaben und Funktionen von Ombudsstellen im Ergebnis zu einem sehr heterogenen Stimmungsbild und teils wider- sprüchlichen fachpraktischen Wahrnehmungen ein- und desselben Themas führte. Den Beteiligten des Prozes- ses war schnell klar, dass im Hinblick auf Akzeptanz und Verbreitung ombudschaftlicher Strukturen in der bayerischen Jugendhilfelandschaft die Verwendung des Begriffs der Ombudsstelle als reine Beschwerdeinstanz zu kurz gegriffen scheint. Dem bayerischen Ombud- schaftswesen wurden deswegen mehrere Funktionen zugeschrieben, nämlich die einer möglichen Informa- tions- und Beratungsstelle, einer Stelle, die Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht, einen Beitrag zum Konfliktma- nagement sowie zum Beschwerde- und Fehlermanage- ment wie auch einen Beitrag zum Qualitätsmanagement sowie zum Schnittstellenmanagement liefern kann. Hierzu war es genauso notwendig, bezogen auf die bayerische Jugendhilfepraxis, Gelingensfaktoren sowie einen möglichen organisatorischen Rahmen der ombud- schaftlichen Vertretung zu beschreiben. In der Ausformulierung des bayerischen Ombudschafts- wesens wurde aus den genannten Gründen klar zum Ausdruck gebracht, dass unterschiedliche Formen und institutionelle Zuständigkeiten ombudschaftlicher Angebote denkbar sind. Dies entspricht der bundes- weit auffindbaren bunten Palette an unterschiedlichen Standardsetzungen und Herangehensweisen. Ziel des bayerischen Modellprojekts ist vorrangig das Sammeln von Erfahrungen, um zu lernen, wie ein Ombudschafts- wesen implementiert und nachhaltig wirken kann. Dazu gehört nach Auffassung des ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt auch eine sorgsam und professionell durchgeführte wissenschaftliche Evaluation durch ein neutrales Forschungsinstitut. Das hierfür angestrengte Vergabeverfahren kann aufgrund der langen Vorlauf- zeiten allerdings erst im Mai/Juni 2021 abgeschlossen werden. Die bislang eingegangenen Interessensbekun- dungen stimmen uns aber zuversichtlich, dass wir einen kompetenten Partner für die Durchführung der Evaluati- on gewinnen können. Dritter Punkt, der bei einem Blick zurück angesprochen werden muss, ist die mit Drucklegung dieses Artikels noch immer andauernde Debatte um das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), das u. a. einen neuen Paragraphen „9a“ zu „Ombudsstellen“ beinhalten soll. Die Entwürfe hierzu haben sich im Laufe des ange- strengten Reformprozesses mehrfach verändert. Ge- blieben ist, dass es zum aktuellen Zeitpunkt noch immer keine verlässliche Gesetzesgrundlage gibt, die das Ver- ständnis und die Funktion eines Ombudschaftswesens stärken würde. Es scheint aber unstrittig zu sein, dass die Verankerung von Ombudsstellen als externe und un- abhängige Anlaufstellen für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern im neuen Kinder- und Jugendhilfegesetz ihren Platz finden, neben dem allgemein angestrebten Ausbau von Beteiligungsverfahren und Beschwerdestrukturen. Stand heute gehen wir davon aus, dass in den Ländern sicherzustellen sein wird, dass Ombudsstellen entlang des Bedarfs von jungen Menschen und ihren Familien errichtet werden. Diese sollen den Zweck einer Bera- tungs-, Vermittlungs- und Konfliktklärungsstelle erfüllen und in unmittelbarer Verbindung zur Aufgabenerfüllung der Kinder- und Jugendhilfe und deren Wahrnehmung durch die öffentliche und freie Jugendhilfe stehen (vgl. Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Drs. 19/26107 vom 25.01.2021). Es bleibt abzuwarten, ob die Reform des SGB VIII noch in dieser Legislaturperiode gelingt, aber die Stoßrich- tung des Bundesgesetzgebers in einer möglichen Novellierung des SGB VIII ist klar: Mehr Rechte für die Adressatinnen und Adressaten der Kinder- und Jugend- hilfe, mehr Beteiligung und mehr Transparenz im Ver- waltungsverfahren, einschließlich der Ausformulierung von umfassenden Beschwerdemöglichkeiten – neben den bislang skizzierten anderen Säulen einer Verbes- serung des Kinderschutzes, der Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrich- tungen der Erziehungshilfe aufwachsen, den Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen und einem Mehr an Prävention vor Ort. Inwieweit der SGB VIII-Reformprozess das Modellvor- haben beeinflussen wird, werden wir seitens des ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt aufmerksam ver- folgen und – wo nötig – Anpassungen in der Konzeption und Ausrichtung des bayerischen Ombudschaftswesens vornehmen. In der Zwischenzeit werden die drei nach-

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