M I T T E I L U N G S B L A T T 0 1 - 2 0 2 2 10 Monate gar keine Gespräche mit Betroffenen geführt. In der Pandemiesituation wurden Möglichkeiten erarbeitet, Beratungsgespräche per Videokonferenzen durchzufüh ren. Dies war zunächst mit vielen technischen Herausforderungen verbunden. Letztendlich ermöglichte dieses Verfahren den Beraterinnen und Beratern kontinuierlich Beratungen für einen Teil der Klientinnen und Klienten anzubieten. Für Betroffene, die keine Unterstützung hatten, war ein Beratungsgespräch mit Videokonferenz nicht möglich. Auf die Form der Videoberatung wurde am häufigsten Anfang des Jahres 2021 zurückgegriffen. Sie erweiterte das Angebot also durchaus, ist einem persönlichen Gespräch aber nicht gleichzusetzen. Die Informationen über die Angebote und Leistungen der Stiftung erreichten viele Betroffene aufgrund der pandemischen Situation nicht mehr zeitnah. Daneben stellten die neuen Gegebenheiten die Betroffenen vor Herausforderungen und brachten andere Sorgen mit sich. Bis heute spiegelt sich die Pandemieerfahrung oft in den Anerkennungs- und Beratungsgesprächen wider Denn die Menschen leiden nicht nur durch die erfahre nen Traumata in der Kindheit, sie sind zusätzlich durch eine Behinderung eingeschränkt und stehen somit vor weiteren diversen Anforderungen. - . - Um die pandemiebedingten Einschränkungen auszuglei chen, haben die Errichter der Stiftung die Anmeldefrist bis zum 30.06.2021 und die Bearbeitungszeit um ein weiteres Jahr bis Ende 2022 verlängert. Alle Anmel dungen, die bis Juni 2021 eingegangen sind, werden berücksichtigt und bearbeitet. - - Wissenschaftliche Aufarbeitung und öffentliche An erkennung bundesweit - Im Oktober 2021 wurde der Forschungsbericht der wissenschaftlichen Aufarbeitung in einer digitalen Ver anstaltung der Öffentlichkeit präsentiert und diskutiert. Die Ergebnisse zeigen eindringlich, dass durch die da maligen unzureichenden Verhältnisse in den Einrichtun gen nur basale Überlebensbedingungen herrschten. Es konnte belegt werden, dass die Folgen sich bis heute in der Lebensgestaltung der Betroffenen widerspiegeln. Der Eindeutigkeit der Ergebnisse und deren Folgen für die Betroffenen kann sich niemand entziehen. Die Schicksale machen betroffen. Dabei sind nicht nur die einzelnen Akteurinnen und Akteure, die damals in den Institutionen tätig waren, dafür verantwortlich. Die Antwort findet sich auch in strukturellen Mängeln der Einrichtungen und im historischen Kontext sowie dem gesellschaftlichen Auftrag, den die Institutionen ausge führt haben. Die Forschungsarbeit ist auf der Website - - - - der Stiftung Anerkennung und Hilfe nachzulesen und die Veranstaltung zum Anschauen abrufbar. Vielen Betroffenen ist diese gesellschaftliche Aufarbeitung sehr wichtig und sie sehen ihre ausführliche Aussage im Beratungsgespräch eher als den Auftakt als das Ende in einem Aufarbeitungsprozess. Das Bedürfnis, dass die Familie versteht, wie schlimm diese Einrichtungen wa ren, wird oft geäußert. Außerdem besteht der Wunsch, dass das damalige Leid der Kinder gesamtgesellschaft lich anerkannt wird. - - Das gute Ende der bayerischen Anlaufstelle Bis zum Ende des Jahres 2022 liegt der Arbeitsschwer punkt in der Bearbeitung aller Anmeldungen. Das bedeu tet, dass die acht Beraterinnen und Berater der bayeri- schen Anlauf- und Beratungsstelle alle Anmeldungen im Laufe des Jahres prüfen und noch mehrere hundert Gespräche führen werden. Dabei streben die Beraterin nen und Berater weiterhin an, den einzigartigen Charak ter der bayerischen Anerkennungs- und Beratungsstelle mit einer qualitativ hochwertigen Beratung zu wahren. Die Expertise der Mitarbeitenden der Anlaufstelle be züglich inklusiver Arbeit wird aber auch an anderen Stel len im ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt genutzt. Die Erfahrungen aus der Arbeit der Stiftung können zu Wegweisern bezüglich einer künftig inklusiv ausgerich teten Kinder- und Jugendhilfe werden. - - - - - - - Auch werden aktuell Möglichkeiten besprochen, wie das Ende der Laufzeit in der bayerischen Anlauf- und Bera tungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe und eine landesweite Erinnerungskultur gestaltet werden kann. - Es hat sich unter anderem eine Arbeitsgruppe gebildet, die in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministeri um für Familie, Arbeit und Soziales und der bayerischen Anlaufstelle für ehemaligen Heimkinder, verschiedene Ideen für den Abschluss und die Erinnerungskultur umsetzten möchte. Die Herausforderung dabei ist, dass die Laufzeit der Stiftung zwar endet, die Betroffenen aber weiterhin mit den Leid und Unrechtserfahrungen aus ihrer Kindheit und Jugend leben müssen. Für die Betroffenen gibt es keinen Abschluss dieses Themas, sie leben mit den Folgen und Erinnerungen. - B E R I C H T E A N N I N A B Ö R G M A N N J A G O D A H O P P E L
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