Mitteilungsblatt_02_2019

M I T T E I L U N G S B L A T T 02-2019 12 4. Definition des Begriffes „unbegleitet“ In der Praxis stellt sich vereinzelt immer wieder die Frage, ob und ggfs. unter welchen Umständen ein in Begleitung eingereister ausländischer Minderjähriger, der aus unterschiedlichen Gründen zu einem späteren Zeitpunkt unbegleitet zurückgelassen wird (z. B. weil der begleitende Elternteil in das Heimatland zurückkehrt oder er die Verantwortung / Vormundschaft für den unbegleiteten ausländischen Minderjährigen übernimmt, sie jedoch später nicht mehr weiterführen kann / will), als unbegleitet im Sinne der §§ 42a ff. SGB VIII ange- sehen und damit in das bundesweite Verteilverfahren gebracht werden kann. Die gleiche Frage stellt sich in Fällen, in denen ein aus- ländischer Minderjähriger zunächst unbegleitet einge- reist ist, die Verantwortung oder die Vormundschaft für den jungen Menschen zunächst in der Folge durch eine geeignete Person übernommen wurde, die die Verant- wortung aber zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr wahrnehmen will oder kann. Derzeit in Bayern vertretene Rechtsauffassung ist, dass bei der Definition des Begriffes „unbegleitet“ bei ausländischen Minderjährigen grundsätzlich nur auf die Unbegleitetheit zum Zeitpunkt der Einreise abzustellen ist. Demnach kann ein unbegleiteter ausländischer Min- derjähriger nicht im Sinne etwa anderslautender EU-Vor- schriften (z. B. nach Art. 2 Buchst. e der EU-Aufnah- merichtlinie vom 26.06.2013) nachträglich unbegleitet und damit in das landesweite Verteilverfahren gegeben werden, wenn der ausländische Minderjährige zu einem späteren Zeitpunkt unbegleitet zurückgelassen wird. 5. Höhe der Erstattungsbeträge von Tagessät- zen der Einrichtungen bei Unterbelegung In Zusammenhang mit der Zuwanderungswelle von Flüchtlingen im Jahr 2015 wurden im Regelfall durch Träger der freien Jugendhilfe auf Anregung der öffentli- chen Jugendhilfe vielfach in bestehenden Einrichtungen kurzfristig zusätzliche Einrichtungen oder zusätzliche Einrichtungsplätze zur Betreuung und Versorgung unbegleiteter ausländischer Minderjähriger geschaffen und in diesem Zusammenhang mitunter mittelfristige Belegungsverträge geschlossen. In den vergangenen Jahren hat sich der Platzbedarf wegen des kontinuierlichen Rückgangs der Einreisezah- len unbegleiteter ausländischer Minderjähriger erheblich verringert, sodass die zu diesem Zweck zusätzlich ge- schaffenen Plätze in Einrichtungen oftmals nicht mehr oder nur noch teilweise belegt werden (können). Konnten zwischenzeitlich alternative Nutzungsmöglich- keiten etabliert werden, ist sowohl die Abrechnung mit den Kommunen als auch das Kostenerstattungsver- fahren gegenüber dem Freistaat Bayern in der Regel unproblematisch. Konnten jedoch in Einzelfällen keine Alternativen zur Platzbelegung mit unbegleiteten ausländischen Minder- jährigen gefunden werden, versuchen Einrichtungsträ- ger teilweise, die der Jugendhilfe in Rechnung gestell- ten Tagessätze aus Gründen der Wirtschaftlichkeit an die tatsächlichen Belegungszahlen anzupassen. Dies führte mitunter zu erheblich höheren Tagessätzen, die zur Kostenerstattung angemeldet wurden und deren Erstattung von den Bezirken verweigert wurde. Das StMAS vertritt dazu die Auffassung, dass Vorhalte- kosten für nicht belegte Einrichtungsplätze bzw. Umla- gen von der Staatsregierung grundsätzlich nicht erstat- tet werden könnten. Die von den Einrichtungsträgern kalkulierten Tagessätze hätten sich insgesamt soweit als möglich an angebotsüblichen Sätzen im Sinne des Rahmenvertrages nach § 78f SGB VIII zu orientieren. Können Jugendhilfeträger im Einzelfall aber nachwei- sen, dass z. B. - mittelfristige Vertragsvereinbarungen ggfs. mit Bele- gungsgarantie mit den Einrichtungsträgern erforder- lich waren, um den akuten Platzbedarf ab dem Jahr 2015 decken zu können, - alternative Belegungsmöglichkeiten nicht gefunden werden konnten, - ein Platzabbau wegen der längeren Laufzeit von Miet- verträgen bislang nicht in Betracht kam und / oder - die Grundsätze größtmöglicher Wirtschaftlichkeit bei Vertragsabschluss angemessen berücksichtigt wurden, sollte eine Kostenerstattung durch die Bezirke in der Regel in Betracht kommen. Wahrscheinlich dürfte die Ablehnung der Kostenerstat- tung im Einzelfall nur dann sein, wenn die zur Erstattung angemeldeten Tagessätze jedes Maß an Wirtschaftlichkeit überschreiten. Derzeit ist zwar keine verbindliche Grenze definiert, ab der eine Kostenerstattung wegen fehlender Wirtschaftlichkeit grundsätzlich verweigert würde, werden vergleichbare branchenübliche Durchschnittssätze aber erheblich überschritten, muss mit einer Ablehnung der Erstattung dieser Tagessätze gerechnet werden. I N F O

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