Mitteilungsblatt_02_2019

M I T T E I L U N G S B L A T T 02-2019 04 Sachen Sozialer Medien sehr kompetent und hätten keinerlei Berührungsängste. Gefahren aber würden sie nicht erkennen. So sei Cyber-Mobbing in jeder Schul- klasse Thema, Nudes würden bereits von Zehn- oder Elfjährigen verschickt. Kettenbriefe mit unverhohlenen Drohungen machten verstärkt die Runde. Auch eine Radikalisierung von rechten Gruppen oder Islamisten über YouTube seien an der Tagesordnung. Kinder und Jugendliche fänden auch mühelos Zugang zu pornogra- fischen Inhalten, weil sie den elterlich gesetzten Filter mit Leichtigkeit überwinden würden. Benz sah es deshalb als die vordringlichste Aufgabe des Jugendmedienschutzes, dass Fachkräfte sich in dieser Welt zurechtzufinden hätten. Sie forderte: „Pädagogi- sches Handeln, braucht professionelle Haltung gegen- über den digitalen Medien.“ Darüber hinaus müssten Fachkräfte für digitale Fragen sensibilisiert werden, sie müssten ein Basiswissen zum Umgang mit Technologi- en und digitalem Wandel erwerben, und – last but not least – die Bereitschaft haben, sich im Feld der Medien fortzubilden. Deshalb brauchen die Fachkräfte gute An- gebote und fachliche Standards, so Benz weiter. „Wenn die Kommunikation über WhatsApp schwierig ist, dann gibt es vielleicht andere Wege, die Jugendlichen zu erreichen.“ Und ja, sie sei sich durchaus bewusst, dass vor ihnen allen ein riesiger Berg Arbeit stünde, aber sie sei auch sicher, dass alle auf einem guten Weg sind. Der zweite Tag wurde mit einem Referat von Dr. Verena Greger vom Bayerischen Staatsministerium für Digitales (StMD) eröffnet. Sie berichtete über „Die Verwaltung im Spannungsfeld OZG, E-Government und Datenschutz“ und das Fortschreiten der Digitalisierung in Bayern. Laut Onlinezugangsgesetz (OZG) müssen bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistung in der Bundesrepublik Deutschland digital abrufbar sein. Bayern hat beschlossen, diesen Prozess zu beschleunigen und will bis 2020 die Digitali- sierung weitgehend umgesetzt haben. Für den Bereich Familie und Kind wurden im Themenkatalog des OZG bis jetzt Kinderbetreuung, Frühe Hilfen, Adoption und Pflegekindervermittlung aufgenommen. Dieses Spek- trum wird, laut Dr. Greger noch erweitert. Wenn alles nach Plan läuft, kann jeder Antrag, egal, ob es sich um Bau- oder Familiengeld handelt und egal von welcher Ecke Bayerns aus, online beim Bayernportal gestellt werden. Mit seinem Resümee, dass eine Rückkehr zu analo- gen Zeiten ausgeschlossen sei, leitete Reinfelder zum nächsten großen Themenkomplex über - der Inklusion. Johannes Benedix, Sozialpädagoge und pädagogischer Leiter vom Projekt Netzstecker der Lebenshilfe Münster stellte in seinem Vortrag „teilhabe 2.0.“ vor, wie durch neue, digitale Kanäle Teilhabe ermöglicht werden kann. Mit seiner Präsentation zeigte Benedix auf, wie sehr sich das Leben vieler behinderter Menschen durch das Smartphone verändert hat. 77 Prozent aller Behinderter nutzten das Smartphone ganz unterschiedlich - mit der rechten Hand, über Spracheingabe, mit dem Mund oder mit einem Taster. „Ähnlich wie der Rest der Bevölke- rung nutzten sie es täglich, zu viel oder nie. Aber wie immer sie es auch nutzen“, so Benedix weiter, „sie haben damit auf jeden Fall teil an der Gesellschaft“. Im Anschluss referierte Thomas Rathgeb, Leiter der Ab- teilung „Medienkompetenz, Programm und Forschung“ der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) zum Thema „Aufwachsen digital. Welche Herausforderungen und Unterstützungsbedarfe sind bezüglich der Nutzung di- gitaler Medien durch Kinder und Jugendliche zu erwar- ten?“ Der Mitherausgeber der JIM-Studien präsentierte zunächst Zahlen zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen. Danach ist die Internetnutzung durch das Smartphone bei den Jugendlichen zwischen 12 bis 19 Jahren deutlich gestiegen und lag 2018 bei 97 Prozent. Aber während sich Facebook bei dieser Altersgruppe auf dem Rückzug befindet, ist die Nutzung von Whats- App deutlich angestiegen. „Fast die gesamte Kommu- nikation läuft über WhatsApp“, so Rathgeb. Darüber hinaus seien große Plattformen wie YouTube die Kanäle, über die alles bereitgestellt würde. Dort fände sich alles, von normaler Unterhaltung über Pornographie bis hin zu rechtsextremistischen Inhalten. Dies stelle vor allem den Jugendschutz vor große Herausforderungen. Nötig seien sowohl technische Lösungen, wie Saftey by Design, Meldemechanismen, kindgerechte Zugänge sowie proprietäre Systeme (Software, die das Recht und die Möglichkeiten der Wieder- und Weiterverwen- dung sowie Änderung und Anpassung durch Nutzer und Dritte stark einschränkt). Rathgeb plädierte auch für „Verfolgen statt nur Löschen“. Denn nur durch koordi- niertes Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden könne ein Unrechtsbewusstsein geschaffen werden. Aber die Rechtsdurchsetzung dürfe nicht an Länder- oder Kom- petenzgrenzen haltmachen. Eine international übergrei- fende Aufsicht sei unabdingbar. Die Akteure müssten sich daher sowohl national als auch international stärker vernetzen, um ein möglichst einheitliches und wirksa- mes Vorgehen zu erreichen. T H E M A

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