Mitteilungsblatt_02_2019

M I T T E I L U N G S B L A T T 02-2019 05 Im nächsten Vortrag ging es wieder in die Praxis. Dorothea Jung und Ebba Piplack von der Bundeskon- ferenz der Erziehungsberatung berichteten aus ihrem Arbeitsalltag „Onlineberatung – Jugendhilfe im Netz“. Die bke-Onlineberatung wird von 16 Bundesländern finanziert und beschäftigt bundesweit über 80 Fach- kräfte. Die Onlineberatung ist an sieben Tagen in der Woche erreichbar und steht sowohl Jugendlichen (bis 21 Jahre) und Eltern (von Kindern bis 21 Jahre) zur Verfügung. Wer sich beraten lassen will, muss sich registrieren und Benutzerna- me und Passwort anlegen, danach läuft alles anonym. Möglich sind eine Beratung per Mail oder ein Einzelchat, in dem die Hilfesuchenden direkten Kontakt zu einem Berater haben. Ein Einzelchat dauert zwischen einer halben und einer Stunde. Eine weitere Möglichkeit der Beratung ist der Gruppenchat. In dem offenen Forum kann themenorientiert, zum Beispiel über selbstverlet- zendes Verhalten oder Essstörungen diskutiert wer- den. In dem von Fachleuten moderierten Chats treffen Jugendliche auf Erwachsene, die nicht ihre Eltern sind. Dorothea Jung: „So ist ein generationsübergreifen- der Austausch zwischen Kindern / Jugendlichen und Erwachsenen möglich.“ Ebba Piplack, die seit vielen Jahren sowohl in der realen als auch der virtuellen Be- ratung tätig ist, sagt: „Bei der Onlineberatung kommen die Probleme geballt und schonungslos ohne Ablenkung von außen.“ In der Einzelberatung sei es wichtig, eine stabile Beziehung aufzubauen. Wenn das gelinge, könne die Beratung oft über Monate zielführend gestaltet wer- den. Auch ein kombiniertes Beratungsangebot – virtuell und face-to-face – sei durchaus möglich. Im Jahr 2018 gab es insgesamt 31.410 Kontakte. Auf die Frage, was besser sei: Online oder Face-to-Face-Beratung, stimm- ten beide Referentinnen überein: „Es gibt kein besser oder schlechter“. Aber Vorteile hätte die Onlineberatung eindeutig im ländlichen Bereich und auch Jugendliche würden virtuell früher den Weg in eine Beratung finden. In der zweiten Fishbowl-Runde ging es zunächst um die Frage, wie die Digitalisierung das Handeln der Ju- gendämter verändern wird: Die Moderatoren zeichneten eine Vision vom papierlosen Amt, weniger Dienstrei- sen und einem Mix aus analog und digital. Hier waren sich die Teilnehmenden einig: Durch die Digitalisierung sollte die Verwaltungsarbeit erleichtert werden, aber sie könne kein Ersatz für die persönliche Beratung sein. Ein weiterer Fragenkomplex war der Datenschutz, in den noch großes Vertrauen gesetzt würde, aber es viele Din- ge gäbe, die geklärt werden müssten. Auch die Frage, inwieweit die Mitarbeitenden durch die Digitalisierung betroffen wären, kam auf. Wie müssen Mitarbeitende in Zukunft erreichbar sein? Wie weit kann es mit der 24/7-Erreichbarkeit gehen? Was ist mit dem Arbeits- schutz? Befürworter winkten ab: Die Digitalisierung böte größere Chance der Flexibilisierung des Arbeits- platzes. Außerdem seien die Digital Natives sehr an einer Work-Life-Balance interessiert und die sei durch die digitalisierte Arbeitswelt besser zu bewerkstelligen. Überhaupt sollten die Mitarbeitenden mehr einbezogen werden, so eine Diskutantin. Das Top-Down-Prinzip würde nicht funktionieren. In den Jugendämtern arbeite- ten inzwischen junge Menschen mit viel Erfahrung und noch mehr Ideen. Auch die Kooperation zwischen den einzelnen Jugendämtern müsste in dieser Richtung angekurbelt werden. Ein Amt alleine kann die Heraus- forderungen nicht meistern. Die Diskussion wurde mit einem Zitat von Franz Kafka beendet: „Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“ Zurück im großen Forum ging es weiter mit der Frage der „Digitalisierung und Mediatisierung in der Kinder- und Jugendhilfe“. Dr. Niels Brüggen vom Institut für Medienpädagogik (JFF) berichtete von der EU- Studie „Developing Digital Youth Work“. Eine EU-weite Ex- pertinnen- und Expertengruppen hatte in dem Zeitraum 2016 bis 2018 herausgefunden, wie digitale Medien und Technologien in der Kinder- und Jugendarbeit proaktiv genutzt werden können. Bei der Frage, wie sich die Kinder- und Jugendhilfe aufstellen sollte, wurden in der Studie u. a. viele Beispiele in Form von kleinen Filmbei- trägen aus verschiedenen EU-Staaten zusammenge- stellt. In Dänemark haben beispielsweise Youth Worker eine Spielgruppe gegründet. Angefangen hatte alles mit einem spielsuchtgefährdeten Jugendlichen, der viel zu viel Zeit alleine mit Computerspielen verbracht hatte. Um ihn aus dem Haus zu locken, gründeten zwei Sozialarbeiter die Gaming Gruppe. Nach einigen An- laufschwierigkeiten mit der Verwaltung ist die Gruppe inzwischen ein voller Erfolg. Mehrmals in der Woche kommen die Jugendlichen zusammen und spielen miteinander. Im Miteinander lernen sie, ihre Gefühle zu kontrollieren. Eine wichtige Voraussetzung für Erwach- sene sei, das Spielen nicht als etwas Gefährliches zu betrachten, so der Projektleiter. Zusammenfassend hält er fest: „Wir müssen Interesse am Spielen zeigen, weil das eines ihrer Themen ist. Das auf diese Weise gewonnene Wissen ermög- licht es uns, Hilfe anzubieten.“ Mit weiteren Beispielen aus Finnland und Schottland zeigte Brüggen auf, dass T H E M A

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