Mitteilungsblatt 02/22

M I T T E I L U N G S B L A T T 0 2 - 2 0 2 2 16 I N F O Aufbau eines sogenannten Expertisepools bzw. eines Netzwerks aus (externen) Expertinnen und Experten im Beratungskontext hilfreich sein kann, um die teils komplexen Fragestellungen rund um die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe gemäß § 2 SGB VIII (vgl. § 9a S. 1 SGB VIII) beantworten bzw. weiter adressieren zu können. Die Breite möglicher (Kinder- und JugendhilfeKonflikt-)Themen zeigt schon jetzt, dass sowohl im Dialog mit den Adressierten als auch im Aufzeigen von Lösungsansätzen im konkreten Konfliktfall ein fun diertes pädagogisches und rechtskreisübergreifendes Fachwissen unbedingt erforderlich ist. Hierin begründet liegt auch der „Beratungsspagat“ den Ombudsstel len bzw. dort tätige Personen per se leisten können müssen: Die über die Einzelfallberatung hinausgehende Unterrichtung über Hilfesysteme und Rechtskreise bei gleichzeitiger Abgrenzung und Erklärung zum eigenen Wirkungskreis – unabhängig vom zugrundeliegenden Konfliktfall und unabhängig von einer gegebenenfalls extern einzuholenden Rechtsberatung für die Adressier ten. Thematische Schwerpunkte der Beratungstätig keit an den Projektstandorten waren: Modalitäten der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII, Regelungen zur elterlichen Sorge bzw. zum Umgang mit dem Kind und die (heterogene) Handhabung von Eingliederungshilfen gemäß § 35a SGB VIII. In der Momentaufnahme zeigt sich, dass insbesondere die Hilfen zur Erziehung und - - - - daran angrenzende Themenbereiche wie Kostenheran ziehung, Wunsch- und Wahlrecht sowie Beteiligung (am Hilfeplan) weitaus weniger stark nachgefragt wurden als die o. g. Problemstellungen, resultierend aus den „ande ren“ Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe gemäß § 2 Abs. 3 SGB VIII. Es bleibt abzuwarten, ob (jugendhilfe-) politisch virulente Themen wie z. B. die Hilfe für junge Volljährige und die Nachbetreuung gemäß §§ 41 und 41a SGB VIII i. V. m. der Leaving Care-Debatte und der offenen Frage der Gestaltung von rechtskreisübergrei fenden Übergängen (vgl. ins. § 41 Abs. 3 SGB VIII) oder die inklusive Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe und damit verbundene Problemstellungen beratungsin haltlich aufholen werden. - - - - Neben dem unmittelbaren Beratungskontext haben sich an den Modellstandorten Fragestellungen entwickelt, die genauso inhaltliche wie strategische Entscheidun gen für die landesweite Implementierung von „dem Bedarf entsprechend […] errichteten Ombudsstellen“ (vgl. § 9a S. 2 SGB VIII) bedingen. Dementsprechend ergeben sich Fragen - • der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit von Ombudsstellen und dort tätigen Personen, • der Unabhängigkeit und Weisungsungebundenheit an den jeweiligen Standorten (in Abhängigkeit von der kommunalen Struktur und systemischen Zughörigkeit), und in diesem Zusammenhang auch Fragen, • der (Un-)Abhängigkeit von Träger- und Gremieninteressen sowie Interessen von selbstorganisierten Zusammenschlüssen zur Selbstvertretung nach § 4a SGB VIII, • der strukturellen Zusammenarbeit im jugendhilferechtlichen Leistungsdreieck, insbesondere mit (örtlichen) Trägern der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe, • der Qualifizierung von an den Ombudsstellen tätigen Fachkräften, ggf. in Abgrenzung zu und/oder mit gezieltem und systematischem Einsatz von ehrenamtlich Beratenden sowie • der Impulsgebung zur Qualitätsentwicklung in die verschiedenen Leistungs- und Aufgabenbereiche der Kinder- und Jugendhilfe als das nach Vorstellung des Landesjugendhilfeausschusses in Bayern zu erreichende Fernziel. Bezüglich des Themas der Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung im Sinne einer jugendhilfepolitischen Positionierung wird außerdem zu klären sein, in welche fallübergreifend agierenden Gremien auf kommunaler, Bezirks- und Landesebene die Ombudsstellen einzube ziehen bzw. zu beteiligen sind, beispielsweise in den (über-)örtlichen Jugendhilfeausschüssen. - Um die skizzierten Fragestellungen in der Projektphase, aber auch darüber hinaus, auf landespolitischer Ebene diskutieren zu können, wurde neben der obligatori schen Befassung im Landesjugendhilfeausschuss der Projektbeirat eingebunden3. Dieser befasste sich in - 3 S. ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt (Hrsg.): Mitteilungsblatt 4/2021. Download unter: https://bit.ly/3O0qrBZ (Letzter Zugriff am 19.05.2022)

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