Mitteilungsblatt_03-04_2019

M I T T E I L U N G S B L A T T 03+04-2019 19 Die elterliche Sorge kann erst dann wiederaufleben, wenn ein entsprechender familiengerichtlicher Be- schluss gemäß § 1674 Abs. 2 BGB dazu vorliegt, der das Ruhen des Sorgerechts aufhebt. Der Beschluss wird mit Bekanntgabe an die Beteiligten wirksam und führt kraft Gesetzes zum Wiederaufleben der elterlichen Befugnis zur Ausübung der Personensorge. An dieser Stelle wird ausdrücklich auf die Diskrepanz hingewiesen, dass die Vormundschaft erst mit rechts- kräftiger Aufhebung durch das Gericht endet, der Vor- mund aber bereits mit Bekanntgabe des Beschlusses keine sorgerechtlichen Befugnisse mehr hat. Ein wesentliches Ergebnis des Gutachtens ist daher, dass eine bestellte Vormundschaft für unbegleitete ausländische Minderjährige nicht bereits mit der Ein- reise der Eltern enden kann, sondern dass dafür über die Feststellung des Wiederauflebens der elterlichen Sorge hinaus ein entsprechender familiengerichtlicher Beschluss über den Wegfall der tatsächlichen Verhinde- rung der Eltern erforderlich ist. Die tatsächliche Verhinderung der Eltern, ihre Verantwor- tung in vollem Umfang ausüben zu können, fällt oft erst dann weg, wenn sie tatsächlich Zugang zu ihrem Kind haben und nicht etwa im Rahmen ausländerrechtlicher Vorschriften (wie z.B. einer asylrechtlichen Wohnsit- zauflage) an einem oftmals räumlich weit entfernten Ort untergebracht und bereits aus diesem Grund tatsächlich an der Ausübung des Sorgerechts gehindert sind. Ein Vormund sollte daher das Familiengericht über die Einreise der Eltern und deren Aufenthaltsort möglichst zeitnah informieren. Ebenso sind die Eltern bis zum for- malen Wiederaufleben ihres Sorgerechts nach Möglich- keit umfassend über alle geplanten Schritte zu informie- ren und in alle Entscheidungen miteinzubeziehen. 2. Unterrichtungspflichten des Jugendamts gegenüber der Ausländerbehörde (DIJuF-Rechtsgutachten vom 20.09.2018) In den Fällen des § 71 Abs. 2 und 2a SGB X haben öffentliche Stellen einer Ausländerbehörde auf entspre- chendes Ersuchen ihnen bekannt gewordene Daten mitzuteilen, die für die Zwecke der Ausländerbehörde erforderlich sind (z.B. Prüfung des rechtmäßigen Auf- enthalts o.ä.). Darüber hinaus haben Jugendämter als öffentliche Stel- len nach § 87 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz AufenthG auch ohne entsprechendes Ersuchen die Ausländerbehörde im Rahmen einer so genannten „Spontanmitteilung“ zu unterrichten, wenn sie in Zusammenhang mit der Erfül- lung der Jugendhilfeaufgaben Kenntnis von bestimmten Verstößen gegen ausländerrechtliche Vorschriften erlan- gen (z.B. Verstoß gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts). Adressaten der Spontanmitteilung sind im Regelfall die zuständigen Ausländer- bzw. Polizeibehörden, sofern es sich um den Vollzug der Abschiebung eines Ausländers handelt. Ausdrücklich wird aber darauf hingewiesen, dass die Jugendämter grundsätzlich an das Sozialgeheimnis gebunden sind und ihnen bekannt gewordene Daten nur dann an Ausländerbehörden oder die Polizei übermitteln dürfen, wenn sie aufgrund einer datenschutzrechtlichen Bestimmung zur Übermittlung von Daten befugt sind. Als mögliche Grundlage für eine Übermittlungsbefugnis kommt § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB X in Betracht, der eine entsprechende Regelung für Spontanmitteilungen im Sinne des § 87 Abs. 2 AufenthG enthält. Gleichzeitig weist das DIJuF jedoch ebenso auf die fachlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Spontan-Mitteilungspflichten nach § 87 Abs. 2 AufentG hin, wie vor allem auch auf die Tatsache, dass Betroffe- ne möglicherweise notwendige Hilfemaßnahmen aus dem Bereich der Jugendhilfe nicht in Anspruch nehmen, weil sie eine Unterrichtung der Ausländerbehörden über mögliche Ausweisungsgründe befürchten könnten. Darüber hinaus könnte die zwingend notwendige Ver- trauensgrundlage durch die Verpflichtung zur Spon- tanmitteilung an Ausländerbehörden oder die Polizei gefährdet sein. Ungeachtet der jeweiligen rechtlichen Einschätzung im Einzelfall wird daher ein besonders sensibler Umgang mit derartigen Spontanmitteilungen empfohlen. 3. Kindergeld für unbegleitete ausländische Minderjährige als besonderer Kostenbei- trag nach § 94 Abs. 3 SGB VIII Bereits in einem Beitrag in Mitteilungsblatt Nr. 4/2014, Seite 33, Nummer 3 wurde darauf hingewiesen, dass Vollwaisen, die einen eigenen Anspruch auf Kindergeld haben, nicht zum besonderen Kostenbeitrag nach § 94 Abs. 3 SGB VIII herangezogen werden können, weil die Vorschrift ausdrücklich nur bezugsberechtigte Elternteile nennt. I N F O

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