Mitteilungsblatt_04_2023

MITTEILUNGSBLATT 04-2023 29 I N F O Aufgaben im Rahmen der Wahrnehmung des Schutz- auftrages Kurz zusammengefasst stehen die Fachkräfte des ASD bei der Wahrnehmung des Schutzauftrages vor zwei Aufgaben: Der Gefährdungseinschätzung und der Gefährdungsabwendung. Auf eine vertiefte Abfassung der einzelnen – teilweise gesetzlich vorgegebenen, mindestens aber fachlich notwendigen – Handlungsschritte verzichten wir an dieser Stelle und verweisen auf die im November 2022 vom Bay. Landesjugendhilfeausschuss verabschiedeten fachlichen Empfehlungen zur Umsetzung des Schutzauftrages gem. § 8a SGB VIII. Allerdings muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass, sobald eine Gefährdung im Sinne des § 8a SGB VIII festgestellt wurde, auch die Abwendung der festgestellten Gefährdung erfolgen muss. Dabei gilt die Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII als letzte – und am stärksten in die elterliche Sorge hineingreifende – Maßnahme. Die Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII kommt dabei nur in Frage, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und • die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder • eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann (vgl. § 42 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII). Unbenommen davon und unabhängig von einer vorausgehenden Gefährdungseinschätzung gem. § 8a SGB VIII besteht die Pflicht zur Inobhutnahme, wenn das Kind oder die bzw. der Jugendliche um Inobhutnahme bittet (vgl. § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII). Sobald im Rahmen der Gefährdungseinschätzung gem. § 8a SGB VIII die Entscheidung getroffen wurde, dass eine Abwendung der festgestellten Kindeswohlgefährdung nur mit Hilfe einer Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII abgewendet werden kann, so ist diese Inobhutnahme – solange keine neuen Erkenntnisse vorliegen – umzusetzen. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, die betroffenen Kinder bzw. Jugendlichen in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe bzw. in einer Pflegefamilie unterzubringen. Die Inobhutnahme kann ebenso bei einer geeigneten Person oder in einer sonstigen Wohnform erfolgen (vgl. § 42 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Dies kann in geeigneten Einzelfällen1 vorübergehend beispielsweise die Unterbringung in einem Hotel, einer Ferienwohnung o. ä. mit (zumindest zeitweiser) pädagogischer Betreuung und ständiger Erreichbarkeit durch Bereitschaftsdienste, sei es durch einen freien Träger oder auch Mitarbeitende des örtlichen Trägers der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, sein. Jedoch ist es weder (sozial-)pädagogisch sinnvoll noch zum Schutz der Mitarbeitenden eine Option, dass Mitarbeitende des ASD oder anderer Fachdienste des Jugendamtes in Obhut genommene Kinder „mit nach Hause nehmen“, um dort die Betreuung und Versorgung der Kinder zu übernehmen. Garantenstellung der fallverantwortlichen Mitarbeitenden im ASD Die Fachkräfte des ASD haben hinsichtlich der Kinder bzw. Jugendlichen in ihrer Fallzuständigkeit eine aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 S. 2 SGB VIII (Wächteramt) resultierende Garantenstellung. ORGANISATIONSVERANTWORTUNG IM JUGENDAMT GARANTENSTELLUNG – STRAFRECHTLICHE VERANTWORTUNG!? Eine Fragestellung, die während der diesjährigen Regionalkonferenzen für ASD-Leitungen in unterschiedlicher Ausprägung in verschiedenen Regierungsbezirken diskutiert wurde, war die Fragestellung nach (straf-)rechtlichen Konsequenzen für die einzelnen ASD-Mitarbeitenden. Konkret ging es v. a. um (straf-)rechtliche Konsequenzen, wenn v. a. im Kontext der Wahrnehmung des Schutzauftrages gem. § 8a SGB VIII Aufgaben nicht wahrgenommen bzw. umgesetzt werden (können). Aus diesem Grund möchten wir in diesem Beitrag die während der Regionalkonferenz offen gebliebene Frage beantworten. 1 Entscheidungsleitend bei der Frage nach einem geeigneten Unterbringungsort sind in der Regel vor allem das Alter, der Entwicklungsstand und der (erzieherische) Bedarf des betroffenen Kindes bzw. der/des betroffenen Jugendliche/n.

RkJQdWJsaXNoZXIy MzcwMzIy