Mitteilungsblatt_04_2023

MITTEILUNGSBLATT 04-2023 9 T H EMA Fazit In der Jugendhilfeplanung gab es in den letzten Jahren einen deutlichen Komplexitätszuwachs, unter anderem durch Ergänzungen in § 80 Abs. 2 SGB VIII. Ein Ziel der Befragung von bayerischen Jugendhilfeplanungsfachkräften war es daher, einen Abgleich zwischen den gesetzlich definierten Anforderungen an die Jugendhilfeplanung und der kommunalen Planungsrealität vorzunehmen. Der Befragung vorangegangen waren verschiedene fachliche Auseinandersetzungen mit der Fragestellung, welche (neuen) Herausforderungen sich durch die SGB-VIII-Reform für die Jugendhilfeplanung ergeben. Unter anderem besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass der beschriebene Komplexitätszuwachs die Planungsfachkräfte nicht nur vor neue operative Herausforderungen stellt, sondern gleichzeitig die Notwendigkeit eines an diese Herausforderungen angepassten Planungsverständnisses besteht. Ein Schwerpunkt der letzten beiden Jahrestagungen für Jugendhilfeplanungsfachkräfte in Bayern war daher auch die Frage, wie und wo agile und integrierte Planungsprozesse implementiert werden können und müssen, um auf die immer komplexeren Planungsanforderungen adäquat reagieren zu können. Aktuell steht zudem die Frage im Raum, wie die Methoden und Werkzeuge der Bedarfsermittlung angepasst und verändert werden müssen, um dem Ziel einer inklusiv ausgerichteten Jugendhilfeplanung gerecht zu werden. Eingangs wurde bereits darauf verwiesen, dass Jugendhilfeplanung eine Querschnittsaufgabe im Jugendamt ist, welche nicht ausschließlich durch die Planungsfachkraft erfüllt werden kann. Schön (2022) beschreibt Jugendhilfeplanung dabei als ein „mehrstufiges Verfahren“, bei dem die unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure gemäß ihrer formalen Funktion klare Zuständigkeiten im Planungsprozess haben. In der nachfolgenden Darstellung ist dieses mehrstufige Verfahren bildlich dargestellt. Jugendhilfeplanung als mehrstufiges Verfahren Die Befragungsergebnisse zeigen, dass vielerorts ein Zusammenwirken zwischen dem Jugendhilfeausschuss und der Planungsfachkraft bzw. weiterer Gremien strukturell nicht ausreichend verankert ist. Dass angesichts der enormen Komplexität des Aufgabenfeldes häufig „ohne Plan“ und damit ohne festgelegte Ziele geplant wird, stellt aus Sicht von Oettler/ Pudelko einen „Risikofaktor“ und einen eigentlich „unhaltbaren Zustand“ dar (vgl. Oettler/Pudelko 2023: 174). Auch die vorliegenden Ergebnisse aus Bayern unterstreichen die Bedeutung von, durch politische Beschlüsse legitimierten, Planungskonzeptionen, welche sicherstellen, dass die vor Ort zu bearbeitenden Planungsaufgaben auf Basis des gesetzlichen Auftrags erfüllt werden. Im Rahmen einer solchen Konzeption kann sowohl die Struktur von Planungsprozessen, als auch deren Zielsetzung und Inhalt festgelegt werden. Für den Arbeitsbereich der Planungsfachkräfte bleibt zudem festzuhalten, dass die Befragungsergebnisse einen signifikanten Zusammenhang zwischen den vorhandenen (insbesondere zeitlichen) Ressourcen und Rahmenbedingungen der Planungsfachkräfte auf der einen Seite und einer qualitativ und quantitativ zufriedenstellenden Aufgabenerfüllung auf der anderen Seite aufzeigen. Anders ausgedrückt: „Eine sachgerechte Wahrnehmung der Aufgabe setzt voraus, dass hierfür in ausreichendem Umfang qualifiziertes Fachpersonal mit einer angemessenen Eingruppierung sowie eine angemessene Sachmittelausstattung in erforderlichem Umfang zur Verfügung steht“ (Tammen 2022, in: Münder et al., FK-SGB VIII, § 80 Rn 3). Was dabei als sachgerecht, ausreichend und angemessen gesehen wird, hängt immer auch sowohl von der Planungskonzeption und damit den Aufträgen für Planungsfachkräfte als auch von der jeweiligen OrganiPlanungsauftrag durch den JHA - Weichenstellende Grundsatzentscheidungen. -Thematische Schwerpunktsetzungen. - Zielvorstellungen für Planung und Weiterentwicklung der Jugendhilfe. Der „eigentliche Planungsprozess“ - Hat einen klaren politischen Auftrag („Legitimation“). - Wird von der Planungsfachkraft koordiniert. - Wird von einem Planungsgremium begleitet. - Das Planungsgremium ist idealerweise vom JHA bestätigt. - Ist ein diskursiver Prozess. - Das Planungsgremium ist so besetzt, dass die Beschlussvorlagen auch beschlossen werden können („Legitimation“). Abbildung 6: Eigene Darstellung, angelehnt an: Schön 2022: in Wiesner et al., Kinder- und Jugendhilfe, Rn. 2.

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