Jugendhilfe in Strafverfahren
Im deutschen Strafrecht existieren für die Reaktion auf Straftaten junger Menschen eigene strafrechtliche Bestimmungen, die auf die besondere Situation der Jugendlichen und Heranwachsenden in der Gesellschaft eingehen. Straffälligkeit von jungen Menschen ist immer auch unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, ob es sich um eine einmalige, nicht schwerwiegende und jugendtypische Verfehlung handelt oder ob Anzeichen für beginnende Fehlentwicklungen oder manifeste Störungen in der Sozialentwicklung vorliegen.
Rechtsgrundlagen
Das JGG bietet den Strafverfolgungsbehörden ein breites Spektrum an möglichen Reaktionen auf delinquentes Verhalten junger Menschen. Entsprechend seiner erzieherischen Grundausrichtung kann es den individuellen Bedarfen der Jugendlichen und Heranwachsenden angepasst werden. Hierzu zählen klassische Sanktionen wie Ermahnung, Ableisten gemeinnütziger Sozialdienste, Geldbußen, Weisungen bezüglich einer Arbeits- bzw. Ausbildungsstelle oder freiheitsentziehende Maßnahmen (Arreste). Andere Formen sind Betreuungsweisungen, Soziale Trainingskurse und andere ambulante Maßnahmen, die junge Menschen pädagogisch unterstützen.
Das Jugendamt hat in der Jugendhilfe in Strafverfahren bzw. Jugendgerichtshilfe in den Verfahren nach dem JGG mitzuwirken oder diese Aufgaben an Träger der freien Jugendhilfe zu delegieren. Die Fachkräfte der Jugendhilfe in Strafverfahren haben dabei zu prüfen, ob Leistungen der Jugendhilfe oder andere individuelle Unterstützungsangebote in Betracht kommen. Aufgabe der Fachkräfte ist es, die jungen Menschen und gegebenenfalls ihre Personensorgeberechtigten im gesamten Verfahren zu beraten und zu unterstützen, d. h. vom Bekanntwerden der Tat bis zum Abschluss des Vollstreckungsverfahrens. Sie tun dies
- durch Information der Betroffenen über den voraussichtlichen Ablauf des Verfahrens und der möglichen Konsequenzen,
- indem sie den betroffenen jungen Menschen aufzeigen, wie sie unter Einbezug der geschädigten Partei selbst aktiv werden und eine Schadensregulierung treffen können,
- durch Einleitung oder Vermittlung weiterführender Hilfen und
- durch Gewährleistung eines kontinuierlichen Informationsflusses zwischen allen am Verfahren beteiligten Personen und Institutionen
mit dem Ziel, erzieherische Hilfen und andere pädagogische Maßnahmen als Alternative zur Erledigung des Strafverfahrens zum Bewusstsein zu bringen.
Aufgaben des Landesjugendamtes
Das Bayerische Landesjugendamt unterstützt die örtlichen Jugendämter und die von den Jugendämtern in die Aufgaben einbezogenen freien Träger durch Beratung in schwierigen Einzelfällen, durch Hilfen bei der konzeptionellen Weiterentwicklung der Jugendhilfeangebote wie z. B. Betreuungsweisung, soziale Trainingskurse, Täter-Opfer-Ausgleich oder Haftentscheidungshilfen. Eine Qualifizierung der Fachkräfte erfolgt durch die Entwicklung Fachlicher Empfehlungen, Fachtagungen und Fortbildungsangebote.
Fachbeiträge und Publikationen
Veröffentlichungen des Landesjugendamts
ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt (Hrsg.): Fachliche Empfehlungen zur Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz gemäß § 52 SGB VIII. München, 2021.
ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt (Hrsg.): Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB) Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz – § 52 SGB VIII. München, 2020.
Weitere empfohlene Veröffentlichungen
Kaiser, Florian: Gelegenheit zur Neuausrichtung der Mitwirkung gemäß § 52 SGB VIII. In: Mitteilungsblatt des ZBFS-BLJA 2020/1. S. 15-22.
Trenczek, Thomas Prof. Dr.; Goldberg, Brigitta Prof. Dr.: Jugendkriminalität, Jugendhilfe und Strafjustiz – Mitwirkung der Jugendhilfe im strafrechtlichen Verfahren. Richard Boorberg Verlag, 2016.