Jugendhilfeplanung als mehrstufiges Verfahren
Die Jugendhilfeplanung ist ein zentraler Baustein bei der Gestaltung und Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe. Sie soll sicherstellen, dass die Angebote und Leistungen optimal auf die Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien abgestimmt sind. In den letzten Jahren hat sich die Jugendhilfeplanung von einem einfachen Planungsprozess zu einem dynamischen, mehrstufigen Verfahren entwickelt, das unterschiedliche Akteurinnen und Akteure, Themen und Handlungsebenen einbindet.
Ein besonderes Merkmal der modernen Jugendhilfeplanung ist daher auch der ganzheitliche Ansatz. Unterschiedliche Teilpläne, die sowohl strukturell als auch thematisch variieren, werden zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammengeführt. Voraussetzung für dieses, auch als "integrierte Jugendhilfeplanung", bezeichnete Vorgehen, ist eine kommunale Gesamtkonzeption für die Jugendhilfeplanung. Dies fördert nicht nur den Austausch zwischen verschiedenen Fachbereichen, sondern hilft auch dabei, Synergien zu nutzen und Silo-Denken zu überwinden.
Jugendhilfeplanung ist daher nicht nur als technisches Instrument zur Bedarfsdeckung zu betrachten, sondern als strategisches Steuerungsinstrument, welches innerhalb der kommunalen Strukturen verankert ist. Das bedeutet, dass sie als langfristiger und stetiger Prozess angesehen wird, der die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe in einem größeren Rahmen vorantreibt. Im Folgenden wird dieses mehrstufige Verfahren genauer beschrieben.
Ausführung des Verfahrens
In der Regel müssen in einem Jugendamt mehrere Planungsvorhaben gleichzeitig gestaltet und gesteuert werden. Verbindungslinien und Schnittstellen müssen dabei im Blick behalten werden. Zunehmend rückt daher die Zielsetzung einer integrierten JHP in den Fokus. Der Begriff "integriert" deutet darauf hin, dass verschiedene Teilaufgaben und Teilbereiche der Kinder- und Jugendhilfe in einem koordinierten und zusammenhängenden Rahmen betrachtet und geplant werden. Das heißt, es stehen nicht nur die einzelnen Teilplanungen im Fokus, sondern auch deren gemeinsame Ziele und Wechselwirkungen.
Ein weiterer wichtiger Planungsansatz ist die sozialraumorientierte Planung. Dieser Ansatz ist unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur auf Defizite, oder zusätzliche Bedarfe geschaut, sondern auch auf die vorhandenen Potenziale und Ressourcen im jeweiligen Sozialraum. Prävention und Nachhaltigkeit stehen somit im Vordergrund, um langfristige, aufeinander abgestimmte und wirksame Lösungen zu finden. Planungsprozesse orientieren sich am vorab definierten Sozialraum. Die einzelnen Angebote und Leistungen im Sozialraum werden im Sinne der integrierten Jugendhilfeplanung aufeinander abgestimmt gesamtheitlich betrachtet.
Eine moderne Jugendhilfeplanung sollte – gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag (§§ 80 Abs. 5, 81 SGB VIII) - zudem eng mit anderen kommunalen Planungen (z. B. Schulentwicklung, Gesundheitswesen) verzahnt sein. Durch die Vernetzung mit verschiedenen Akteurinnen, Akteuren und Institutionen kann die Jugendhilfeplanung Synergien nutzen und eine integrierte, umfassende Unterstützung für junge Menschen und deren Familien sicherstellen. Dies bedeutet auch, dass eine Zusammenarbeit mit Akteuren außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe notwendig ist, um die Angebote auf die komplexen Lebensrealitäten der jungen Menschen anzupassen. Dieses Vorgehen orientiert sich meist am Konzept der integrierten Sozialplanung, oder der integrierten Sozialraumplanung.
Partizipation ist ein zentrales gesetzlich gefordertes Element der Jugendhilfeplanung. Die unmittelbare und mittelbare Einbindung von Betroffenen und relevanten Akteuren in die Planungs- und Entscheidungsprozesse gewährleistet, dass die Maßnahmen auf die tatsächlichen Bedürfnisse und Bedarfe der Zielgruppen abgestimmt sind. Dies fördert nicht nur die Akzeptanz der Maßnahmen, sondern verbessert auch ihre Wirksamkeit.
Zudem muss die Planung inklusiv gestaltet sein, um auch die Bedürfnisse und Bedarfe von Kindern und Jugendlichen mit besonderen Anforderungen, wie z. B. geistigen, körperlichen oder (drohenden) seelischen Behinderungen, zu berücksichtigen
Die Vernetzung und enge Kooperation zwischen verschiedenen Institutionen und Akteuren spielen eine entscheidende Rolle, um die Qualität der Kinder- und Jugendhilfe zu steigern. Nur durch gemeinsames Handeln kann eine passgenaue und wirkungsvolle Unterstützung gewährleistet werden.
Da gesellschaftliche Rahmenbedingungen nicht statisch sind, muss die Jugendhilfeplanung flexibel genug sein, um auf neue Herausforderungen reagieren zu können. Das bedeutet, dass Planungsprozesse regelmäßig überprüft und angepasst werden müssen, um zeitgemäße und wirksame Angebote und Leistungen vorhalten zu können.
Zunehmend gewinnt daher das Konzept der agilen und dynamischen Jugendhilfeplanung an Bedeutung. Agile Jugendhilfeplanung ist ein Ansatz, der ein flexibles und anpassungsfähiges Planen und Umsetzen ermöglicht. Die Methode basiert auf Prinzipien, die darauf abzielen, schneller und zielgerichteter auf Veränderungen im sozialen Umfeld, im Hinblick auf die Bedarfe der Zielgruppen oder bezogen auf verfügbare Ressourcen zu reagieren. Der agile Ansatz unterscheidet sich von bisherigen Planungsansätzen durch seine Offenheit für fortlaufendes Lernen, iterative Schritte und den bewussten Einsatz von Feedbackschleifen.
"Datenbasiert" bedeutet, dass Entscheidungen, Strategien oder Analysen auf der Grundlage von Daten getroffen werden. Die Planungsbeteiligten benötigen eine solide Datengrundlage, um komplexe Situationen wahrzunehmen und zu verstehen, Zusammenhänge und Wirkmechanismen sichtbar zu machen und Lösungsansätze zu entwickeln Das umfasst regelmäßige Bedarfsanalysen, Erhebungen und Auswertungen zu vorhandenen Angeboten und Leistungen sowie eine kontinuierliche Beobachtung der Entwicklungen in den betrachteten Aufgabenfeldern und der Bedürfnisse der Zielgruppe.
Die so gewonnenen Daten können dabei unterstützen, Ressourcen effizient einzusetzen und Maßnahmen gezielt anzupassen. Durch datenbasierte Evaluationen lässt sich die Wirksamkeit und Qualität von Maßnahmen kontinuierlich überprüfen. Datengrundlagen erhöhen die Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz von Entscheidungen und fördern Transparenz. Empirische Erhebungen unterstützen die Einbindung und das Erfassen der Perspektiven der Zielgruppen. Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass Daten nicht für sich sprechen: sie müssen immer – und besonders in Planungszusammenhängen - eingeordnet, interpretiert und diskutiert werden.
Nach § 71 Abs. 2 SGB VIII hat sich der Jugendhilfeausschuss mit Jugendhilfeplanung zu befassen und ist entsprechend das zuständige politische Gremium für Planungsprozesse.
Der Auftrag des Jugendhilfeausschusses ist es, Rahmenbedingungen für die Jugendhilfeplanung zu schaffen und Planungsaufträge zu formulieren. Der Ausschuss erörtert also gegebenenfalls das erarbeitete Planungskonzept, notwendige planungsmethodische Verfahren und Strukturen sowie die Bereitstellung der Ressourcen. Die Ergebnisse und Erkenntnisse nutzt der Jugendhilfeausschuss für strategische jugend- und familienpolitische Zielsetzungen. Der Jugendhilfeausschuss muss sich dabei nicht mit methodischen Einzelheiten auseinandersetzen.