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ses, der ab dem Jahre 1969 mit der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt (1969-1974)
begonnen hatte, und mit dem die in der Aufbauphilosophie der Nachkriegszeit erstarrte
Bundesrepublik in Bewegung kam. Legendär ist der Aufruf von Willy Brandt in seiner ersten
Regierungserklärung am 28.10.1969: Mehr Demokratie wagen! Allerdings gelang es weder
ihm noch seinem Nachfolger Helmut Schmidt (1974-1982), den Reformprozess der Kinder-
und Jugendhilfe zu Ende zu bringen, der Durchbruch erfolgte letztendlich erst nach rund
zwei Jahrzehnten heftiger Diskussion mit der konservativ-liberalen Koalition unter Helmut
Kohl (1982-1998).
Im Umfeld der ersten Diskussionen um eine Reform des Jugendhilferechts wurde etwa 1972
das Wahlalter auf 18 Jahre gesenkt (Gesetz vom 09.06.1972). Damit verbunden war 1974 die
Absenkung der Volljährigkeit auf 18 Jahre (Bundestagsbeschluss vom 22.03.1974). Seit 1972
wurde die Debatte um die Reform des § 218 geführt (mit Fernwirkungen auf die Einführung
eines Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung in der Kinder- und Jugendhilfe). Sie endete
am 18.05.1976 mit der Neufassung des § 218 in Form der sogenannten Indikationslösung. Zu
nennen wäre etwa die Erweiterung der Mitbestimmung durch das Betriebsverfassungsgesetz
vom 15.01.1972 und das Mitbestimmungsgesetz vom 03.05.1976 (Parität in Kapitalgesell-
schaften). Nicht zu vergessen die „neue Ostpolitik“, die schließlich zu den heftigst umstritte-
nen Verträgen mit Moskau und Warschau und zum deutsch-deutschen Vertragswerk führte.
Diese Reformpolitik fand natürlich nicht im luftleeren Raum statt, sie war vielmehr Ausfluss
oder wurde getrieben durch die gesellschaftlichen Entwicklungen in diesen Jahren. Nur eini-
ge Stichworte zur Erinnerung: Ab Mitte der 1960er Jahre entwickelte sich die Studentenbe-
wegung, deren Generation noch heute als die „68er“ bezeichnet wird. Es entstand eine be-
wusst außerparlamentarische Opposition - und ihre Radikalisierung nach dem Attentat auf
Rudi Dutschke (11.04.1968) bis hin zur Gründung der terroristischen „Rote Armee Fraktion“
(RAF) 1970. In diesem Umfeld ist – wiederum jugendhilfespezifisch – die sogenannte Heim-
Kampagne 1969 zu nennen, die sich gegen überholte autoritäre Strukturen in der Heimer-
ziehung wandte. Zu erinnern wäre – dann schon etwas später – das Erstarken der Friedens-
bewegung im Zusammenhang mit dem sogenannten NATO-Doppelbeschluss (Aufstellung
neuer Mittelstreckenraketen) 1979. Mit der Gründung der Partei DIE GRÜNEN am
12./13.01.1980 fand die außerparlamentarische Opposition sozusagen ihre parlamentarische
Heimat.
Zu diesem Umfeld gehört aber auch die erste Ölkrise 1973, die durch den Jom-Kippur-Krieg
im Nahen Osten vom 06.-26.10.1973 ausgelöst wurde. Sie führte nach den Aufbaujahren der
Bundesrepublik Deutschland („Wirtschaftswunder“) erstmals zu einer nachhaltigen wirt-
schaftlichen Depression. In der Jugendhilfe entstanden damals die Jugendarbeitslosenpro-
jekte, die den Praxishintergrund für die spätere Kodifizierung der Jugendsozialarbeit im heu-
tigen SGB VIII darstellen. Ihr war schon 1966/67 die erste Wirtschaftsrezession der Nach-
kriegszeit vorausgegangen. Betrachtet man die Daten dieser so genannten Rezession, muss