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VIII). Hinzu kommen Leistungen, mit denen geistige oder körperliche Beeinträchtigungen

auf Dauer kompensiert werden, während erzieherische Hilfen in der Mehrzahl der Fälle

eher als temporäre Leistungen konzipiert sind. Es geht also nicht nur um ein technisches

Problem, sondern um das Selbstverständnis eines Bildungs- und Erziehungsbereichs, des-

sen bisheriger professioneller Zuschnitt als „Sozialpädagogik“ nicht mehr ausreichend

sein wird. Die umfassende Zuständigkeit für alle jungen Menschen außerhalb von Eltern-

haus und Schule führt im Übrigen auch zu einer Vermehrung der Schnittmengen mit al-

len relevanten benachbarten Disziplinen und Arbeitsfeldern.

2.

Kinder- und Jugendhilfe wird mit der „großen Lösung“ schon rein quantitativ um ein au-

ßerordentlich breites Handlungsfeld mit einer hohen Verbindlichkeit individueller

Rechtsansprüche erweitert. Der Rückblick auf die 25-jährige Geschichte des SGB VIII legt

die Forderung nach zwingenden Vorkehrungen nahe, dass die allgemein bildenden, er-

zieherischen, freizeitpädagogischen Arbeitsfelder (insbesondere die Jugendarbeit) dabei

nicht weiter an relativem Stellenwert verlieren und der Eigenwert selbstgestalteter Akti-

vitäten auch als Gegenstand öffentlicher Förderung erhalten bleibt.

3.

Vor einer Änderung von Zuständigkeiten müssen die bisherigen Finanzströme vollständig

erfasst und Regularien für die verbindliche Umlenkung dieser Ressourcen in die Haushal-

te der Jugendhilfeträger definiert sein. Abschreckendes Beispiel ist die 1993 erfolgte

Aufnahme der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche mit §

35a SGB VIII. Es wurde damals versäumt, dass die örtlichen und überörtlichen Träger der

Sozialhilfe ihre bisherigen Aufwendungen erfasst und entsprechend übergeleitet hätten;

das war eine der wesentlichen Ursachen für die jahrelangen Verwerfungen in den Ju-

gendhilfehaushalten.

Ähnliches gilt für die personellen Ressourcen, die derzeit der „Behindertenhilfe“ außer-

halb der Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung stehen. Auch diese wären

vollständig zu erfassen und systematisch überzuleiten. Wegen der teilweise vorherr-

schenden Mischfinanzierungen müsste sich diese Überleitung auch auf die Anteile staat-

licher Haushalte erstrecken.

4.

Mit dem Aufgabenzuwachs werden die Jugendämter als „Sachgebiete“ oder „Fachberei-

che“ in den Städten und Landkreisen in Relation zu den anderen Sachgebieten organisa-

tionstechnisch eigentlich zu groß, sie werden auf Dauer nicht mehr vernünftig in dieser

nachgeordneten Struktur geführt werden können. Es werden neue Hierarchieprobleme

entstehen (vgl. z. B. das Hierarchieproblem Jugendamtsleiter im gehobenen Dienst – be-

schäftigter Arzt oder Psychologe im höheren Dienst). Das funktioniert derzeit zwar in er-

klärbaren Einzelfällen, diese sind aber keine brauchbaren Muster für generalisierbare

Organisationsregeln unter erheblich veränderten Quantitäten. Dieser Punkt ist für den

Gesetzgeber heikel, weil er unmittelbar die Organisationshoheit der kommunalen Ge-

bietskörperschaften tangiert. Wer andererseits die Problemlösung dem freien Spiel der

Kräften überlassen möchte, riskiert Brüche und Verwerfungen ausgerechnet bei der Ver-