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auf den vorhandenen Leistungskatalog. Mit der Bestimmung von Aufnahmequoten der ein-

zelnen Bundesländer werden die bisher stärker belasteten Länder (vor allem Bayern) entlas-

tet bzw. wird eine gleichmäßige Verteilung über das ganze Land in die Wege geleitet. Ähnli-

che Verfahren sind von den einzelnen Ländern für die Verteilung auf die Jugendämter in ih-

rem Zuständigkeitsbereich eingerichtet. Im Prinzip werden damit alle bundesdeutschen Ju-

gendämter in die Versorgung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge einbezogen.

Weitere Hinweise zur Betreuung, Förderung, Integration in pädagogisch-fachlicher Hinsicht

sind in diesem Gesetz nicht enthalten. Damit wird die wichtige Frage nach der adäquaten

Versorgung dieser jungen Menschen

nach

der Inobhutnahme ohne weitere Klärungen in den

Verantwortungsbereich der örtlichen Jugendhilfe zurückgegeben.

Soweit bisher erkennbar, verfolgen die Jugendämter für die Versorgung nach der Inobhut-

nahme vor allem zwei unterschiedliche Strategien, nämlich die Unterbringung in Gastfami-

lien und die Unterbringung in Einrichtungen der Heimerziehung. Leistungsrechtlicher An-

knüpfungspunkt ist zunächst in beiden Fällen ein erzieherischer Bedarf, der zur Hilfe entwe-

der nach § 33 SGB VIII (Vollzeitpflege) oder nach § 34 SGB VIII (Heimerziehung) führen kann.

Gleichzeitig wird aber zumindest teilweise versucht, das hohe kostenrelevante Ausstat-

tungsniveau dieser Hilfen bedarfsweise zu reduzieren. So muss die Unterbringung in einer

„Gast“-Familie nicht zwangsläufig auf der Grundlage des § 33 SGB VIII erfolgen, jugendhilfe-

rechtliche Mindestvoraussetzung ist hier eigentlich nur die Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1

Satz 1 SGB VIII. Und mit den Einrichtungen der Heimerziehung werden auch Entgeltvereinba-

rungen auf einem niedrigeren Betreuungsniveau angestrebt.

In pädagogisch-fachlicher Hinsicht geht es indes um die Frage, ob bei einem unbegleiteten

minderjährigen Flüchtling regelhaft ein erzieherischer Bedarf im Sinne des § 27 SGB VIII un-

terstellt werden muss. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr geht es zunächst um die Unter-

bringung in einer geeigneten Wohnform und um die berufliche und soziale Integration, die

Aufgabenbeschreibung der Jugendsozialarbeit: Sie „soll jungen Menschen, die zum Ausgleich

sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöh-

tem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sozialpädagogische Hilfen anbieten, die ihre

schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale In-

tegration fördern“ (§ 13 Abs.1 SGB VIII). Dabei kann ihnen auch „Unterkunft in sozialpädago-

gisch begleiteten Wohnformen angeboten werden (§ 13 Abs. 3 SGB VIII). Es wäre also sinn-

voll, die sozialpädagogische Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge regel-

haft im Rahmen der Jugendsozialarbeit zu gestalten. Ob darüber hinaus ein erzieherischer

Bedarf vorliegt, kann sich im Einzelfall zusätzlich ergeben.

Die regelhafte Zuordnung erforderlicher Leistungen und Betreuungsformen für junge Flücht-

linge zur Jugendsozialarbeit ist kein neuer Gedanke. In den Nachkriegsjahren entstanden die

Jugendgemeinschaftswerke als Vorläufer heutiger Jugendsozialarbeit ausdrücklich zur In-

tegration der sogenannten SBZ-Flüchtlinge. Anfang der 1990er Jahre war die Eingliederung

von Aussiedler-Jugendlichen ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt der Jugendsozialarbeit.

Eine ähnliche Situation haben wir heute wieder. Zwar haben sich die Träger der Jugendsozi-