Table of Contents Table of Contents
Previous Page  31 / 40 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 31 / 40 Next Page
Page Background

ternteil können vor allem kleinere Kinder Verlustängste entwickeln. Das Urvertrauen

wird erschüttert, was mit einem starken Gefühl des Sicherheitsverlusts einhergeht.

Misstrauen, Entfremdung, Schuldgefühle und Angst können die Folge sein. Nicht sel-

ten zeigen betroffene Kinder Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression oder Hyperak-

tivität. Wut, Trauer und unterdrückte Gefühle können im schlimmsten Fall zu De-

pressionen oder Suizidalität führen. Die Inhaftierung wirkt sich auch auf Leistungen

in der Schule aus. Auffällig oft kommt es zu Problemen mit Gleichaltrigen. Als Reak-

tion treten jedoch auch Feindseligkeiten gegenüber Lehrern oder das Fernbleiben

vom Unterricht auf. Aufmerksamkeit und Konzentration lassen fast immer nach.

Resilienz

Natürlich treten nicht zwangsläufig alle Auswirkungen auf einmal und bei jedem

Kind gleichermaßen auf. Es gibt Kinder, die mit der Situation gut umgehen können,

dementsprechend über ausgeprägte Resilienzfaktoren verfügen und kaum negative

Veränderungen erleben. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. An erster Stelle ist

es von unschätzbarem Wert, wenn die Kinder Ansprechpartner für ihre Sorgen und

Nöte finden. Das kann der nicht-inhaftierte Elternteil sein, aber auch Verwandte,

Freunde, Nachbarn, Lehrkräfte, Sozialpädagogen oder Psychologen. Unterstützungs-

angebote vonseiten der Schule oder innerhalb der Familie erleichtern die Situation

immens.

Die Kinder verfügen über eine Reihe von Resilienzfaktoren. Familienbeziehungen

spielen hier eine große Rolle. Ein starkes nicht-inhaftiertes Elternteil, Offenheit be-

züglich der Inhaftierung, Unterstützung der Familie, diverse Hobbys und Freizeitakti-

vitäten sowie ein gesundes Selbstbewusstsein wirken sich positiv darauf aus, wie die

Kinder die Situation verarbeiten.

3

Positive Auswirkungen

Neben vielen negativen Folgen wurden vereinzelt auch positive Auswirkungen einer

elterlichen Inhaftierung beobachtet. Dies war meist bei Erfahrungen von häuslicher

Gewalt, Suchtproblematiken oder andauernden familiären Konflikten im Vorfeld der

Inhaftierung der Fall. Die Inhaftierung wurde dann als Erleichterung angesehen –

keine Gewalt, keine Angst und kein Missbrauch mehr.

Einige Familien sehen in der Inhaftierung die Möglichkeit, Unterstützungsangebote

in Anspruch zu nehmen und entwickeln ein größeres Selbstbewusstsein, sobald die

Situation gemeistert ist.

Fazit

Es ist schwierig zu unterscheiden, ob die genannten Auffälligkeiten bei den Kindern

erst durch die Inhaftierung entstanden sind oder ob bereits vorher eine schwierige

Familiensituation bestand. Gerade bei Jugendlichen können einige Schwierigkeiten

auch durch die Pubertät entstehen und müssen nicht zwangsweise mit der Inhaftie-

rung zusammenhängen. Ebenso ist dies in bestimmten Phasen der kindlichen Ent-

wicklung der Fall. Fakt ist aber, dass eine elterliche Inhaftierung niemals spurlos an

einem Kind vorübergeht.

3

Consortium of the COPING-Project: German Stakeholder Report 2012

31

BLJA Mitteilungsblatt 2/16

Info