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Hilfestellung in professionellem Kontext

Das Thema der elterlichen Inhaftierung findet sich ortsunabhängig in allen gesell-

schaftlichen Schichten wieder. Daher ist es egal, in welchem Rahmen Erzieher und

Sozialpädagogen tätig sind – betroffene Kinder besuchen Kindertageseinrichtungen,

Horte, Jugendclubs und anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Dort

spüren sie meist die sozialen Auswirkungen der Inhaftierung. Die Tabuisierung des

Themas und mögliche Verhaltensänderungen, wie Rückzug oder Aggression führen

häufig zu Ausgrenzung und Mobbing. Hier wird es zu einer wichtigen Aufgabe der

Betreuungsperson, diese Mechanismen zu vermeiden und die Integration der betrof-

fenen Kinder und Jugendlichen zu unterstützen. Besondere Aufmerksamkeit sollte

auch auffälligen Verhaltensweisen geschenkt werden. Nicht selten verstecken sich

dahinter emotionale und psychische Problemlagen.

Ein Ansprechpartner für die Sorgen und Nöte dieser Kinder ist von unschätzbarem

Wert.

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Diese Bezugsperson kann irgendjemand sein, wichtig ist aber, dass diese un-

voreingenommen, einfühlsam und aufmerksam ist. Für diese Rolle sind Erzieher und

Sozialpädagogen schon per definitionem gut geeignet. Ein weiterer Pluspunkt dieser

Berufsgruppen ist, dass nicht selten auch Kontakt zum Erziehungsberechtigten be-

steht. Somit kann der betroffenen Familie in einem umfassenderen Rahmen geholfen

werden.

Was Kinder brauchen:

– Sicherheit und – wenn möglich – alltägliche Routinen,

– eine ehrliche, altersgerechte und behutsame Erklärung für die Situation,

– einen Ansprechpartner, jemanden, der zuhört und sie versteht,

– die Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Sie möchten nicht zum Reden gezwungen

werden.

Allgemeine Umgangstipps:

– Wenn das Kind nicht weiß, dass ich über die Situation in Kenntnis gesetzt wurde,

werde ich das Kind nicht darauf ansprechen, sondern signalisiere Offenheit für ein

Gespräch.

– Ich mache mich dem Kind gegenüber verfügbar und gebe ihm die Möglichkeit,

auch unbeobachtet von anderen mit mir zu sprechen.

– Ich gehe vorurteilsfrei auf das Kind zu.

– Ich werde das Kind nicht verurteilen oder stigmatisieren – ich weiß, es trägt keine

Schuld.

– Ich behandle das Kind nicht als Opfer.

– Ich richte meine erhöhte Aufmerksamkeit auf das Kind, werde es aber weiterhin

normal behandeln.

– Ich frage das Kind nicht nach dem Delikt. Ich weiß, dass viele Kinder es nicht

wissen oder nicht die ganze Wahrheit kennen. Damit würde ich sie nur ver-

unsichern. Ich akzeptiere es, wenn ein Kind nicht darüber sprechen möchte.

– Sucht das Kind ein Gespräch mit mir, frage ich nach seinen Gefühlen, nehme

diese ernst und ermuntere das Kind, diese zuzulassen.

– Ich gebe nur Informationen weiter, von denen ich sicher weiß, dass sie korrekt

sind.

– Das Kind steht im Mittelpunkt.

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V

gl. B

IEGANSKI

, J.; S

TARKE

, S.; U

RBAN

, M.: Informationsbroschüre – Kinder von Inhaftierten – Auswirkungen.

Risiken. Perspektiven. Ergebnisse und Empfehlungen der COPING-Studie. In: A

RBEITSGRUPPE

P

SYCHIATRISCHE

V

ERSORGUNGSFORSCHUNG

, U

NIVERSITÄTSKLINIKUM

D

RESDEN

C

ARL

G

USTAV

C

ARUS

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REFFPUNKT E

.V. (Hrsg.), 2013.

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BLJA Mitteilungsblatt 2/16