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I N F O
Integration von therapeutischen oder heilpädagogi-
schen Behandlungsmaßnahmen in den Betreuungs-
und Familienalltag notwendig machen, kommt inte-
grative Tagespflege vielfach nur als Hilfe zur Erziehung
nach §§ 27, 32 SGB VIII in Betracht. In diesen Fällen
erfolgt eine Heranziehung der Kostenbeitragspflich-
tigen zum Kostenbeitrag nur nach §§ 91 ff. SGB VIII.
3. Urteil des BVerwG 5 C 3.16 vom
22.06.2017 zum Kostenerstattungsanspruch
bei Wechsel der örtlichen Zuständigkeit in
der Jugendhilfe in Zusammenhang mit
§ 14 SGB IX
Das Gericht traf mit seiner Entscheidung grundsätz-
liche Aussagen zum Verhältnis jugendhilferechtlicher
Kostenerstattungsansprüche etwa nach § 89c Abs. 1
Satz 1 SGB VIII zu der Erstattungsvorschrift des § 14
Abs. 4 Satz 1 SGB IX (in der Fassung vor Inkrafttreten
der entsprechenden Teile des BTHG zum 01.01.2018).
Sind zur Erbringung umfassender Eingliederungs-
hilfeleistungen nicht mehrere Rehabilitationsträger im
Sinne des § 6 Abs. 1 SGB IX erforderlich und wird der
gesamte Rehabilitationsbedarf eines behinderten Men-
schen durch einen Jugendhilfeträger gedeckt, liegt das
wesentliche Kostenerstattungsmerkmal einer „Bewilli-
gung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger
nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX im Sinne des
§ 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX“ nicht vor, wenn dieser die
Leistung unter Anerkennung seiner eigenen sachlichen
Zuständigkeit bewilligt hat.
Damit kann in derartigen Fällen der Kostenerstattungs-
anspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX die Kostener-
stattungsvorschrift des § 89c Abs. 1 SGB VIII nicht als
speziellere Regelung verdrängen.
Eine Kostenerstattung findet hier grundsätzlich nach
den Vorschriften des SGB VIII statt.
Daneben weist das Gericht in diesem Zusammenhang
deutlich auf den kostenerstattungsrechtlichen Interes-
senwahrungsgrundsatz des erstattungsberechtigten
Sozialleistungsträgers hin. Dieser Grundsatz verpflich-
te den erstattungsberechtigten Träger, bei der Gewäh-
rung von Leistungen die rechtlich gebotene Sorgfalt
anzuwenden und dabei auch die Interessen des kos-
tenerstattungspflichtigen Trägers entsprechend zu
wahren. Er habe damit bereits im Vorfeld einer Kosten-
erstattung darauf hinzuwirken, dass ein Erstat-
tungsanspruch entweder erst gar nicht entstehe oder
zumindest so gering wie möglich ausfalle.
Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass § 14 SGB
IX in der vom BVerwG zitierten Fassung durch das
BTHG mit Wirkung vom 01.01.2018 in wesentlichen
Teilen geändert wurde.
4. Urteil des OVG Hamburg 4 Bf 146/16 vom
26.09.2017 zum fortbestehenden Kostener-
stattungsanspruch nach § 89a SGB VIII bei
VZP im Ausland
Gerade in grenznahen Landkreisen wie z. B. im
südlichen Oberbayern kommt es immer wieder vor,
dass Pflegefamilien mit ihren Pflegekindern ins
grenznahe Ausland verziehen, die bezugsberechtigten
Personen ihren maßgeblichen Aufenthalt aber nach
wie vor im Bereich des kostenerstattungspflichtigen
Trägers haben.
Mitunter wird in diesen Fällen Kostenerstattung durch
das nach § 89a Abs. 1 SGB VIII kostenerstattungspflich-
tige Jugendamt mit der Begründung verweigert, es
könne sich hierbei nicht mehr um eine örtliche Zu-
ständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII handeln, weil der
maßgebliche Aufenthalt der Pflegefamilie nicht mehr
im Geltungsbereich des Gesetzes sei.
Das OVG Hamburg hat die Kostenerstattungsvorschrift
des § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bei fortdauernder Voll-
zeitpflege in seinem Urteil vom 26.09.2017 nachvoll-
ziehbar dahingehend ausgelegt, dass eine Zuständig-
keit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII in Verbindung mit § 88
Abs. 2 SGB VIII auch weiterhin fortbesteht, wenn diese
Zuständigkeit schon vor der Ausreise der Pflegefamilie
mit dem Leistungsberechtigten ins Ausland bestand.
Setzt also das nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständige
Jugendamt die Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege
wegen Umzug der Pflegefamilie ins benachbarte Aus-
land fort, bleibt nach Auffassung des Gerichts das
bisher nach § 89a Abs. 1 SGB VIII kostenerstattungs-
pflichtige Jugendamt auch weiterhin kostenerstat-
tungspflichtig.
Es konzediert zwar, dass in wörtlicher Auslegung der
Gesetzesbegründung nur derjenigen Gebietskörper-
schaft ein Kostenerstattungsanspruch zusteht, in des-
sen Bereich die Pflegefamilie ihren gewöhnlichen Auf-
enthalt hat. Gleichzeitig hält es das Gericht aber für
MITTEILUNGSBLATT
03-2018