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I N F O

Beim Vorlesen ist ein E-Book allerdings schwierig, weil

ja nicht ersichtlich ist, was gerade gelesen wird. Ge-

rade

Jungs brauchen lesende Väter als Vorbilder.

Wenn sie nur das digitale Gerät sehen, dann sehen sie

nicht, was genau die Väter da machen. Das ist bei der

Zeitung anders, oder beim richtigen Buch. Ich sage

nicht, dass wir alle beim Papier bleiben müssen, aber

wir müssen dann mehr mit den Kindern ins Gespräch

gehen und ihnen sagen, was wir gerade lesen: „Ich

lese gerade einen spannenden Artikel, der ist aus der

Süddeutschen Zeitung, den habe ich hier gerade auf

dem Tablet.“

Wie lange sollten denn Kleinkinder bis drei Jahre am

Tablet / vor dem Fernseher sitzen?

Wichtig ist es hier zu wissen, dass Kinder

Inhalte in

kleinen Episoden verarbeiten

, so wie wir das von der

„Sendung mit der Maus“ kennen. Das ist genau das,

was sie in kleinen Happen verarbeiten können. Wenn

man den Fernseher ausschaltet und dann das Geschrei

losgeht, dann ist der Zeitpunkt schon erreicht, an dem

sie es nicht mehr verarbeiten können und dann werden

sie „wuschig“. Das ist natürlich bei jedem Kind anders.

Aber grundsätzlich würde ich sagen:

maximal eine

Sendung, also etwa 20 Minuten.

Wichtig ist es zu wis-

sen, dass sie erst mit der Entwicklung der Sprache (ab

ca. zwei Jahren), die Inhalte verstehen und dem Gese-

henen Sinn verleihen können.

Ab drei Jahren können sie die Bezüge zur Lebenswelt

herstellen und ab da können sie viel mehr daraus mit-

nehmen. Vorher können sie zwar schon mitschauen,

nehmen aber die Inhalte gar nicht so wahr. Die ganz

Kleinen gehen deshalb oft wieder weg, wenn es ihnen

langweilig wird.

Es gibt noch diese ganz alten Regeln, dass Kinder

unter drei Jahren am besten gar nicht schauen sollen,

das haben die Medienpädagogen aber auch schon

etwas abgemildert, um es dem veränderten (Familien)-

Alltag anzupassen.

Fernsehen unter drei Jahren ist

okay, aber nur begleitet und auch nur kurz

.

Und

zwischen drei und fünf Jahren nur eine kurze

Sendung

,

im Grundschulalter dann bis zu zwei Sen-

dungen

. Aber bei den Zeiten ist es wichtig, dass die

Nutzungszeiten aller elektronischen Medien miteinbe-

zogen werden. Mit älteren Kindern kann auch ein Zeit-

Budget vereinbart werden, und es kann selbst

bestimmen, mit welchem Gerät es schauen oder spie-

len will. Dafür bleibt dann eben weniger Zeit für ein an-

deres Gerät.

Mit dem

Computerspielen

ist es so eine Sache, da las-

sen sich Zeiten oft nicht richtig durchsetzen, weil oft

das Spiel an einer bestimmten Stelle nicht gestoppt

werden kann, weil der Spielstand zum Beispiel nicht

gespeichert wird, wenn das Level nicht erreicht wird.

Da ist es dann wichtiger, tatsächlich auf die

Inhalte

zu

gehen. Eltern haben zwei Stellschrauben, um die Me-

diennutzung der Kinder zu regulieren:

Zeit und Inhalt

.

Und das ist heutzutage auch beim Fernsehen immer

schwieriger, weil es viel flexibler geworden ist.

Das Kinderprogramm im Fernsehen interessiert mich

nicht. Mein Kind möchte immer wieder dieselbe Folge

sehen, die kenn ich jetzt schon auswendig. Muss ich

trotzdem mit dabei sein und zuschauen?

Heute muss man tatsächlich viel situativ entscheiden,

weil alles sehr flexibel geworden ist.

Für das Kind ist

es was Schönes, wenn man mitschaut

. Selbst, wenn

man die Inhalte schon kennt. Dabei geht es viel um

körperliche Nähe

. Wenn Kinder etwas beschäftigt,

dann thematisieren sie das direkt in diesem Moment,

oder es kommt später, wenn sie länger darüber nach-

gedacht haben. Deshalb ist es schon wichtig, dass man

als Ansprechpartner da ist.

Und es stellt sich die Frage, was Fernsehen für mich

ist: Ist es der Babysitter? Oder ist es etwas, bei dem ich

Familienzeit verbringen kann? Das geht mit dem Fern-

sehen natürlich besser als mit dem Handy, da dort der

Bildschirm kleiner ist.

Bei uns daheim dürfen die Kinder nur am Wochenende

fernsehen, bei anderen Freunden gibt es solche Regeln

nicht, da dürfen die Kinder jeden Tag fernsehen oder

am Tablet spielen. Ich finde das nicht in Ordnung,

kann mich aber schlecht in die Erziehung der anderen

Eltern einmischen. Was kann ich tun?

Es ist gut für die

Werte der eigenen Familie

zu sehen,

dass es bei anderen eben anders läuft. Kinder müssen

lernen, dass es Situationen gibt, da ist es eben nicht

so, wie zu Hause. Das ist natürlich für mich als Eltern-

teil schlecht, weil ich dann argumentieren muss,

warum wir das jetzt nicht anschauen und die anderen

es aber anschauen dürfen. Aber gleichzeitig ist es eben

auch eine Möglichkeit, meinem Kind meine Werte mit-

zugeben. Da muss man den Mut haben, ehrlich zu sein,

weil Kinder auch an einer ehrlichen Antwort interes-

siert sind.

MITTEILUNGSBLATT

03-2018