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können, ob sie sich an uns wenden möchten oder
nicht. Das ist ein hehres Ziel. Ehrlich gesagt werden
wir es kaum vollständig erreichen können. Aber es ist
wichtig, dass es dieses Ziel gibt und dass wir es verfol-
gen.
Dazu brauchen wir sie! Wir brauchen die Einrichtun-
gen, die Träger und Verbände, wir brauchen die ge-
setzlichen Betreuer, die sog. Multiplikatoren und Unter-
stützer und die Medien. Wir brauchen selbstverständ-
lich auch die Betroffenen! Bitte wirken Sie an dieser
zentralen Voraussetzung für gelingende Aufarbeitung
mit! Geben Sie Informationen und Erfahrungen zur
Stiftung weiter, unterstützen Sie Betroffene bei Bedarf,
sich anzumelden. Sprechen Sie über das Thema.
Beteiligung / Beirat
Aufarbeitung kann nur mit den Betroffenen gelingen.
Sie sollen Herr bzw. Frau ihres individuellen Verfah-
rens sein.
Kommunikation, wechselseitige Beteiligung und Zu-
sammenarbeit sind wichtig – sie sollten auch struktu-
rell verankert werden. In der Anlaufstelle soll ein Beirat
eingerichtet werden, der die Umsetzung der Stiftung
hierzulande begleitet und unterstützt. In diesem Beirat
sollen Betroffene und „Profis“ zusammenarbeiten. Wir
würden uns freuen, wenn wir demnächst diesen Beirat
gründen könnten, momentan suchen wir noch nach
Betroffenen, die Interesse an einer Mitwirkung im Bei-
rat haben…
Politik
Für das Gelingen eines solch anspruchsvollen Aufar-
beitungsprozesses ist es wichtig, dass die Verantwor-
tungsträger aus Politik, Verwaltung, den Kirchen, den
in Rede stehenden Hilfesystemen usw. den Prozess un-
terstützen. An dieser Stelle erlaube ich mir einen Blick
auf die Politik und schaue zurück auf eine Veranstal-
tung hier im Bayerischen Landtag vor knapp sechs
Jahren. Am 12.06.12 fand hier die größte Anhörung
von ehemaligen Heimkindern (der Jugendhilfe) statt. In
der Folge hat der Sozialausschuss des Landtags die
Thematik weiter begleitet und befördert, wie es meines
Wissens in Deutschland kein zweites Mal geschehen
ist. Zum allergrößten Teil haben die Fraktionen über-
greifend an einen Strang zogen. Es würde mich sehr
freuen, wenn dies auch weiterhin gelänge.
Was kann die Anlaufstelle beitragen?
Auch unsere bescheidenen Beiträge finden auf ver-
schiedenen Ebenen statt.
Vertrauensstellung
Sehen Sie mir nach, dass ich aber zunächst eine
Grenze der Anlaufstelle skizziere.
Im Rahmen der Aufarbeitung wird immer wieder ge-
fordert, dass die Geschehnisse damals (konsequent)
öffentlich werden. Heiner Keupp hat mit Donauwörth
ein Beispiel genannt, über das aktuell in den Medien
berichtet wird. Eine solche Veröffentlichung von Infor-
mationen kann die Anlaufstelle nicht betreiben. Die Be-
troffenen benötigen zwingend die Sicherheit, dass ihre
Schilderungen in der Anlaufstelle streng vertraulich
und geschützt sind. Andernfalls würden die meisten
(allein aus Loyalitätskonflikten) nicht über ihre sehr
persönlichen Erfahrungen berichten.
Diese Sicherheit benötigen aber auch die Einrichtun-
gen und Träger. Sie sind ja gebeten, die Betroffene
dabei zu unterstützen, sich an die Anlaufstelle zu wen-
den. Auch die Einrichtungen und Träger müssen sicher
sein, dass die Schilderungen bei uns vertraulich be-
handelt werden (und sie nicht öffentlich an den Pran-
ger gestellt werden).
Wir alle fordern einhellig Aufarbeitung. Und es ist gut
und sehr wichtig, dass sie nun stattfindet. Aber wir
sollten nicht vergessen, dass sie für die Betroffenen
auch mit Belastungen verbunden sein kann. Aufarbei-
tung ist ein heikler, sensibler Prozess. Und das gilt
auch für die Organisationen.
Wir berichten natürlich immer wieder über unsere Ar-
beit und unsere Erfahrungen, wie gerade jetzt auch –
aber immer so, dass keine Rückschlüsse auf einzelne
Personen oder einzelne Einrichtungen möglich sind.
Abschließend zu dem, was wir tun können.
Netzwerkarbeit
Die Anlaufstelle ist in einer großen staatlichen Sozial-
behörde und dort bei einem Landesamt mit großen
Netzwerken eingerichtet. Für eine Informations- und
Sensibilisierungsarbeit nutzen wir diese Netzwerke.
MITTEILUNGSBLATT
03-2018