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Inobhutnahme bei Übergang einer Hilfe in einer gemeinsamen Wohnform für
Mütter und Kinder nach § 19 SGB VIII in Hilfe zur Erziehung nach § 33 SGB VIII
Wird im Rahmen der regelmäßigen Hilfeplanfortschreibung festgestellt, dass eine
bisher nach § 19 SGB VIII gewährte Hilfe aus fachlichen Gründen nicht mehr fortge-
führt werden kann und nunmehr die Gewährung einer Hilfe zur Erziehung in Vollzeit-
pflege nach § 33 SGB VIII geeignet und notwendig wäre, wird es für unzulässig
erachtet, das Jugendamt am Ort der bisherigen Betreuung in der Mutter-Kind-Ein-
richtung aufzufordern, das Kind auf Grund des tatsächlichen Aufenthalts dort bis zum
Zeitpunkt einer möglichen Aufnahme in eine Vollzeitpflegestelle in Obhut zu nehmen
und die Hilfe nach § 19 SGB VIII einzustellen, ohne im Voraus die erforderlichen An-
schlussmaßnahmen in die Wege zu leiten.
Ist ein Wechsel der Hilfeart geplant, hat das örtlich zuständige Jugendamt bereits in
Zusammenhang mit der Fortschreibung des Hilfeplans nach § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB
VIII die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten und ggf. Absprachen mit dem Ju-
gendamt am Ort der Pflegestelle zu treffen.
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Übernahme der Kosten für Förderung in einer Tageseinrichtung bei Betreuung
in einer Einrichtung nach § 19 SGB VIII
Bei der Betreuung in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder nach
§ 19 SGB VIII und der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen oder in Kinder-
tagespflege handelt es sich um Leistungen mit völlig unterschiedlichen pädagogi-
schen Zielrichtungen. Die Betreuung in einer Einrichtung nach § 19 SGB VIII hat in
erster Linie zum Ziel, die Erziehungskompetenz allein erziehender Elternteile zu för-
dern. Daneben ist auch der Bedarf der mit untergebrachten Kinder entsprechend zu
decken. Dieser Bedarf ähnelt dem erzieherischen Bedarf vergleichbar den Hilfen zur
Erziehung, ist jedoch damit nicht gleichsetzbar, weil Hilfe zur Erziehung bereits ein
konkretes erzieherisches Defizit voraussetzt, das hier allenfalls als potentielles Defizit
vorliegen kann.
Dagegen stellt die Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen einen eigenständi-
gen Rechtsanspruch des Kindes dar, der keinen erzieherischen Bedarf voraussetzt,
sondern vorrangig die Entwicklung des Kindes zu einer eigenständigen und gemein-
schaftsfähigen Persönlichkeit zum Ziel hat (Bildungs- und Erziehungsauftrag). Dieser
Bedarf kann nicht durch persönliche pädagogische Hilfen im Sinne des § 19 SGB VIII
gedeckt werden.
Daher wird es für unzulässig erachtet, die Übernahme von Elternbeiträgen nach
§ 90 Abs. 3 SGB VIII für die Betreuung eines Kindes im Kindergarten bei gleichzeiti-
ger Gewährung von Hilfe in einer gemeinsamen Wohnform nach § 19 SGB VIII mit
der Begründung abzulehnen, die pädagogische Regelversorgung des Kindes sei
nach der Konzeption der Mutter-Kind-Einrichtung mit abgedeckt bzw. könne mit
abgedeckt werden.
Andernfalls könnte dies in der Folge bedeuten, dass es dem Elternteil mit der Begrün-
dung, das Jugendamt übernehme bereits das Leistungsentgelt nach § 19 SGB VIII
und stelle damit die pädagogische Regelversorgung auch finanziell sicher, zumut-
bar wäre, die Elternbeiträge für die Förderung in der Tageseinrichtung im Sinne
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BLJA Mitteilungsblatt 1/16
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