zung seitens der Organisation oder Kon-
flikte, die nicht bereinigt werden. Je höher
die subjektive Bewertung dieser „Kosten“
für den Einzelnen ausfällt, desto weniger
hoch werden relativ die Vorteile der Orga-
nisationszugehörigkeit bewertet. In der
Konsequenz steigt möglicherweise die Be-
reitschaft, sich nach einem besseren Kos-
ten-Nutzen-Verhältnis umzusehen.
Vier psychologische Ebenen der Mitarbeiterbindung
Rationale Ebene der Mitarbeiterbindung
Maßnahmen, die auf dieser Ebene wirken, werden vertraglich festgelegt und haben
einen tendenziell zwingenden Charakter. Ein Arbeitgeber versucht, seiner Beleg-
schaft mittels Vertragsklauseln das Verlassen der Organisation so kostenintensiv wie
möglich zu gestalten, in der Hoffnung, den Mitarbeiter von einem Wechsel in andere
Organisationen abzuhalten. Hierunter fallen u.a. lange Kündigungsfristen, Rückzah-
lungsklauseln für Entwicklungsmaßnahmen, Stichtagsklauseln und Wettbewerbsver-
bote. Sofern diese Vorgehensweise im Zweifelsfall dazu führen kann, dass wechsel-
willige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter notgedrungen in der Organisation verblei-
ben, stellt sich mit Blick auf das resultierendes Engagement die Frage nach der Sinn-
haftigkeit derartiger Maßnahmen.
Behaviorale Ebene der Mitarbeiterbindung
Die Bindungswirkung auf dieser Ebene geht auf das Beharrungsvermögen von Men-
schen zurück. Einmal eingeschlagene Wege werden ungern ohne weiteres aufgege-
ben. Der Referent zeichnet an dieser Stelle das Bild vom Wanderer, welcher sich
seines Weges ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr sicher ist, jedoch zögert
umzukehren, weil er ja bereits so weit gekommen ist. Ein ähnliches Verhalten zeigen
Organisationsmitglieder. Je länger sie Teil der Organisation sind, desto geringer ist
meist ihre Ambition, sich beruflich zu verändern, zumindest solange die erwähnte
Kosten-Nutzen-Bilanz sich nicht deutlich verschlechtert. Dies nutzen z. B. (Wirt-
schafts-)Organisationen bereits heute, indem sie die Belegschaft im Rahmen von
Verbesserungsprogrammen und internen Wettbewerben auffordern, Vorschläge zu
machen, wie die Attraktivität der Organisation gesteigert werden kann. Daraus wer-
den zum einen tatsächliche Verbesserungsmöglichkeiten generiert. Zum anderen be-
geben sich die Teilnehmenden – wie der erwähnte Wanderer – gedanklich in den
Prozess des Bleibens. Und wer darüber nachdenkt, was getan werden kann, dass der
Andere bleibt, der kommt weniger auf die Idee, selbst zu gehen.
Normative Ebene der Mitarbeiterbindung
Diese Form der Bindung speist sich aus dem Gefühl der Verantwortung gegenüber
anderen Organisationsmitgliedern – nicht gegenüber der Organisation als solches.
Erkennbar wird sie anhand von Formulierungen oder Gedanken, wie z. B. „Ich kann
das Team nicht im Stich lassen.“ Oder (häufig von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
in Vorzimmern geäußert): „Ohne mich wäre der Chef bzw. die Chefin aufgeschmis-
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BLJA Mitteilungsblatt 2/16
Berichte