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Rechtsfragen zum Umgang mit minderjährigen
verheirateten Ausländern
Im Zuge der in den letzten Monaten erheblich gestiegenen Zugangszahlen von min-
derjährigen unbegleiteten Ausländern werden die Jugendämter vermehrt mit der Si-
tuation minderjähriger Verheirateter, zum Teil auch Schwangerer, konfrontiert.
Neben jugendhilferechtlichen Besonderheiten im Umgang mit diesem Personenkreis
stellen sich hier auch Rechtsfragen aus dem Eherecht (mit Bezügen zum Internatio-
nalen Privatrecht), dem Ausländerrecht sowie dem Strafrecht.
Der nachfolgende Beitrag basiert auf der Anfrage eines Jugendamtes und soll einen
Überblick über die wichtigsten Fragen zu diesem Thema geben.
1 Anerkennung von im Ausland geschlossenen Ehen mit Minderjährigen
Grundsätzlich sind Eheschließungen, die im Ausland erfolgt sind, in Deutschland
unter folgenden Voraussetzungen anzuerkennen:
– Das Recht des ausländischen Staates, z. B. hinsichtlich der Ehemündigkeit, wurde
gewahrt (Art. 13 EGBGB),
– die Eheschließung kann durch eine gültige (ggf. legalisierte) ausländische öffent-
liche Urkunde über die Eheschließung nachgewiesen werden und
– es darf kein Verstoß gegen den sogenannten „ordre public“ (Art. 6 EGBGB) vor-
liegen: Wenn die ausländische Eheschließung mit wesentlichen Grundsätzen des
deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, ist diese in Deutschland nicht
anzuerkennen bzw. unwirksam.
Die Anerkennung der Gültigkeit der ausländischen Ehe obliegt den Familiengerichten
und erfolgt auf Antrag einer der Ehegatten bzw. des gesetzlichen Vertreters. Es
wurde z. B. gerichtlich entschieden, dass eine Ehe, bei der ein Ehegatte zum Zeit-
punkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, gegen
Art. 6 EGBGB verstößt und daher in Deutschland nicht anerkannt wird (vgl. z. B. AG
Offenbach, Urteil vom 30.10.2009, Az. 314 F 1132/09).
Die Beurteilung eines Verstoßes gegen die wesentlichen Grundsätze des deutschen
Rechts (vgl. Art. 6 EGBGB) kann jedoch nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der
Besonderheiten des ausländischen Rechts erfolgen.
Das deutsche Recht sieht vor, dass eine Ehe nicht vor Eintritt der Volljährigkeit, d. h.
erst mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, eingegangen werden soll (§ 1303 BGB).
Ist ein künftiger Ehegatte volljährig und hat der andere das 16. Lebensjahr vollendet,
kann das Familiengericht auf Antrag Befreiung erteilen. Diese wird aber nur erteilt,
wenn die Eheschließung das Wohl des Minderjährigen voraussichtlich nicht beein-
trächtigen würde, wobei hierzu das Jugendamt vor der Entscheidung anzuhören ist.
Das Gericht hat dabei auch zu prüfen, ob der Heiratswunsch dem eigenen inneren
Antrieb des noch minderjährigen künftigen Ehegatten entspringt, wodurch der ver-
fassungsrechtlich vorgesehene staatliche Schutz Minderjähriger und die Freiheit der
Willensentschließung besonders geschützt werden. Die Anwendbarkeit ausländi-
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BLJA Mitteilungsblatt 1/16
Recht