Kindertagespflege
Die Kindertagespflege hat in den letzten Jahren unter anderem durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG), das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK), das Kinderförderungsgesetz (KiföG), sowie durch das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) und das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) eine grundlegende Neukonzeption erfahren. Sie hat sich dadurch zu einem verlässlichen und qualifizierten Angebot der Kindertagesbetreuung entwickelt.
Im Mittelpunkt der Kindertagespflege steht unverändert die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Der Schutzauftrag wurde explizit für die Tagesbetreuungspersonen im KJSG aufgenommen wie auch die Verpflichtung, behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam zu fördern. Wesentliche Grundlage der pädagogischen Arbeit in den staatlich geförderten bayerischen Kindertageseinrichtungen bildet der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan.
Tagespflege findet meistens im Haushalt der Tagesmutter/des Tagesvaters statt. Der Bundesgesetzgeber, wie auch der bayerische Gesetzgeber ermöglichen die Betreuung auch in geeigneten anderen Räumen und im Zusammenschluss von zwei bis drei Tagesbetreuungspersonen.
Rechtsgrundlagen
Kindertagespflege soll Eltern dabei unterstützen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander zu vereinbaren. Daher hat die Jugendhilfe den Auftrag, ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege vorzuhalten (§ 24 SGB VIII). Die Gesamtverantwortung für die Planung obliegt nach den §§ 79, 80 SGB VIII den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe.
Pflegeerlaubnis (§ 43 SGB VIII)
Tagesmütter/-väter benötigen bereits vor dem Tätigwerden und ab dem ersten Tageskind eine Pflegeerlaubnis, wenn sie ein Kind mehr als 15 Stunden außerhalb des Elternhauses, länger als drei Monate und gegen Entgelt betreuen möchten. Diese ist auf fünf Jahre befristet und berechtigt zur Betreuung von bis zu fünf Kindern gleichzeitig.
Im Einzelfall kann die Erlaubnis auf weniger als fünf Kinder beschränkt werden (z. B. wenn die Räumlichkeiten für fünf Kinder zu klein sind). Der Landesgesetzgeber hat mit der Novellierung des BayKiBiG zum 1. Januar 2013 zudem die Anzahl der insgesamt zu betreuenden Kinder auf acht Betreuungsverhältnisse beschränkt, bei der Großtagespflege auf 16 Betreuungsverhältnisse (Art. 9 BayKiBiG).
Eignung (§ 23 SGB VIII)
Tagesbetreuungspersonen, die eine Pflegeerlaubnis benötigen und / oder vom Jugendamt vermittelt werden, müssen für die Tätigkeit der Tagespflege geeignet sein. Neben persönlichen Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Belastbarkeit sowie Achtung, Interesse und Einfühlungsvermögen gegenüber dem Kind und seiner Familie umfassen die Eignungskriterien auch fachliche, methodische und kooperative Kompetenzen, wie z. B. die Fähigkeit zur Reflexion und zum Dialog.
Darüber hinaus muss die Tagespflegeperson vertiefte Kenntnisse über die Anforderungen der Kindertagespflege haben, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise – beispielsweise durch eine (sozial-)pädagogische Ausbildung – nachgewiesen hat. Schließlich müssen kindgerechte Räumlichkeiten nachgewiesen werden.
Die Förderung in Kindertagespflege umfasst darüber hinaus:
Qualifizierung und Fortbildung der Tagespflegepersonen
Der bayerische Gesetzgeber hat als staatliche Fördervoraussetzung seit 31. August 2013 einen Mindestumfang der Qualifizierung von 100 Unterrichtseinheiten (à 45 Minuten) festgelegt. Im Interesse einer Gleichbehandlung aller Tagesbetreuungspersonen in Bayern und eines einheitlichen Qualitätsstandards für die Kindertagespflege ist dieser Umfang für alle öffentlich geförderten Tagespflegepersonen zu empfehlen. Ausgenommen sind Personen, die eine pädagogische Ausbildung vorweisen können.
Vermittlung des Kindes
Das zuständige Jugendamt übernimmt die Vermittlung des Kindes an eine geeignete Tagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person selbst gefunden wurde.
Für Kinder unter einem Jahr muss ein Platz in einer Kindertageseinrichtung oder in Kindertagespflege angeboten werden, wenn diese Leistung für die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist, die Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen, arbeitssuchend sind, sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, einer Schul- oder Hochschulausbildung befinden oder an einer Maßnahme nach SGB II teilnehmen. Einen Anspruch auf die Vermittllung einer Tagespflegeperson haben Kinder ab dem ersten Lebensjahr grundsätzlich, bei Kindern ab dem dritten Lebensjahr besteht dieser Anspruch eher ergänzend zur Betreuung in Kindertageseinrichtungen.
Geldleistungen an Tagespflegepersonen
Bei der Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Tagespflegeperson handelt es sich um einen Anspruch der Tagespflegeperson gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Diese umfasst neben der Erstattung angemessener Kosten für den Sachaufwand einen leistungsgerechten Beitrag zur Anerkennung der Förderleistung. Erstattet werden zur Hälfte auch die nachgewiesenen Beiträge zu einer angemessenen Alterssicherung, zur Krankenversicherung sowie die Aufwendungen für die Unfallversicherung.
Beratung und Begleitung
Sowohl Tagespflegeperson als auch Erziehungsberechtigte haben in allen Fragen der Kindertagespflege Anspruch auf Beratung. Tagespflegepersonen haben darüber hinaus Anspruch auf fachliche Begleitung.
Ersatzbetreuung
Falls die Tagesbetreuungsperson ausfällt, habenTräger der öffentlichen Jugendhilfe die Pflicht, für eine Ersatzbetreuung zu sorgen. Damit soll Tagespflege zu einem verlässlichen Betreuungsangebot für Eltern werden.
Großtagespflege
Bei der Großtagespflege handelt es sich um eine Form der Kindertagespflege, bei der mehrere Kindertagespflegepersonen in gemeinsamen Räumen (der Großtagespflegestelle) jeweils die Kinder betreuen, vgl. dazu das Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJUF) vom 26. Juni 2013 (das Dokument ist nicht barrierefrei), die ihnen vertraglich und persönlich zugeordnet sind. Grundsätzlich dürfen in der Großtagespflege in Bayern nicht mehr als drei Tagespflegepersonen dauerhaft tätig sein und nicht mehr als zehn gleichzeitig anwesende Kinder betreuen bei insgesamt 16 Betreuungsverhältnissen. Werden mehr als acht Kinder gleichzeitig betreut, muss mindestens eine Tagespflegeperson eine pädagogische Fachkraft sein (Art.9 BayKibiG). Die Tagespflegepersonen werden über die laufende Geldleistung finanziert (zur Förderung Großtagespflege siehe unten).
Förderung durch das Land Bayern
In Bayern fördert der Gesetzgeber die qualitativ gut aufgestellte Kindertagespflege kind- und nutzungszeitbezogen nach dem BayKiBiG.
Voraussetzungen dafür sind:
Anteilige Förderung
Die Fördervoraussetzungen sind in Art. 20 BayKiBiG und der entsprechenden Durchführungsverordnung geregelt. Die staatlichen Fördermittel erhält der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, der diese bei der zuständigen Regierung beantragen kann. Der Förderbetrag errechnet sich nach dem einheitlichen Gewichtungsfaktor 1,3 und der Betreuungszeit des Kindes, die mindestens zehn Stunden wöchentlich betragen muss. In Ausnahmefällen wird auch eine Betreuungszeit unter zehn Stunden gefördert, wenn es sich um Randzeiten im Anschluss an eine Kindertagesstätte oder Schule handelt.
Qualitätskriterien
Die in § 23 SGB VIII festgelegten Qualitätskriterien für die Kindertagespflege wie Beratung, Begleitung, Qualifizierung und Ersatzbetreuung sind zu gewährleisten. Diese Kriterien werden im BayKiBiG konkretisiert und teilweise erweitert: Qualifizierung hat im Umfang von 100 Unterrichtseinheiten (à 45 Minuten, siehe Qualifizierungsplan des BLJA), Fortbildung im Umfang von 15 Unterrichtseinheiten jährlich stattzufinden. Die Geldleistungen an die Tagesmutter / den Tagesvater enthalten zusätzlich einen differenzierten Qualifizierungszuschlag. Die Tagespflegeperson darf mit dem Kind bis zum 3. Grad nicht verwandt oder verschwägert sein.
Förderung der Großtagespflege
Seit 1. Januar 2013 gibt es für Gemeinden die Möglichkeit, Großtagespflege direkt mit staatlichen und kommunalen Mitteln zu fördern (§ 20a BayKiBiG). Das setzt voraus, dass die Gemeinde die staatliche Förderung beantragt und zusammen mit dem Eigenanteil an den Träger der Großtagespflege weiter reicht. Weitere Fördervoraussetzungen sind die Anwesenheit einer pädagogischen Fachkraft an mindestens vier Tagen und mindestens 20 Stunden pro Woche und die Qualifizierung der anderen Tagespflegepersonen im Umfang von 160 Stunden. Für den Fall, dass die Tagespflegepersonen ihren Anspruch auf eine laufende Geldleistung an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe geltend machen, darf die Großtagespflege von den Eltern keine zusätzlichen Leistungen erheben.
Förderung der inklusiven Kindertagespflege
Seit 1. Juli 2014 fördert der Freistaat Bayern die Betreuung von behinderten oder von Behinderung bedrohten Kindern in der Kindertagespflege mit dem Gewichtungsfaktor 4,5.
Voraussetzungen dafür sind, dass
- mindestens ein weiteres Regelkind in der Tagespflege betreut wird
- maximal drei Kinder und in der Großtagespflege maximal sieben Kinder jeweils inklusive dem behinderten Kind gleichzeitig betreut werden
- die Tagespflegeperson eine erhöhte Geldleistung erhält, wobei die Erhöhung mindestens der um den Faktor 4,5 erhöhten staatlichen Förderung entsprechen muss
- die Behinderung vom Bezirk oder bei seelisch behinderten Kindern vom Jugendamt festgestellt ist
- die Tagespflegeperson eine Pflegeerlaubnis hat, mindestens 100 Stunden Qualifizierung nachweisen kann und für die Aufgabe geeignet ist.
Aufgaben des Landesjugendamts
Das Landesjugendamt trägt durch Information, Beratung und Fortbildung der Fachkräfte in den Jugendämtern und Vermittlungsstellen der freien Träger der Jugendhilfe sowie Pflegeelternvereinen zur Qualitätssicherung und -entwicklung der Tagespflege bei. In Bayern wurde eine flächendeckende Vernetzungsstruktur für die Fachkräfte aufgebaut. Unter anderem wurden sieben regionale Arbeitskreise etabliert, die regelmäßig tagen und vom Landesjugendamt begleitet werden. Für die Qualifizierung von Tagesbetreuungspersonen wurde vom Landesjugendamt ein Qualifizierungsplan erarbeitet. Im Rahmen des Aktionsprogramms des Bundes vergibt das Landesjugendamt ein Gütesiegel für Bildungsträger. Voraussetzung ist die Teilnahme des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe am Aktionsprogramm.
Fachbeiträge und Publikationen
Veröffentlichungen des Landesjugendamtes
Däxl, Inge; Demler, Gisela: Qualifizierungsplan für Tagespflegepersonen; ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt; München 2014
Demler, Gisela: Qualifizierungsmodul Großtagespflege; ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt; München 2014
Großtagespflege in Bayern - Fachliche Eckpunkte für die Praxis; ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt; München 2014
Baumann, Lilo: Der Bildungsauftrag in der Tagespflege; ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt Mitteilungsblatt Nr. 3/2007; München 2007
Weiterführende Links und Informationen
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Handbuch Kindertagespflege