Anbieten von indizierten Medien auf Flohmärkten

Verhältnis zwischen Straf­verfahren und Ordnungs­widrigkeitsverfahren

In der Vergangenheit sind in der Praxis der für den Vollzug des Ju­gend­schutzgesetzes zuständigen Behörden häufig Probleme entstanden, wenn ein jugendschutzrelevanter Sachverhalt neben einem Ordnungswidrigkeiten- gleichzeitig einen Straftatbestand erfüllt.

Als Beispiel dafür kann etwa das öffentliche Anbieten eines indizierten Trägermediums (z. B. Videofilm, DVD) auf einem Flohmarkt heran­gezogen werden. In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen § 15 Ju­gend­schutzgesetz (JuSchG) vor. Zuständig für die Ahndung dieses Ver­stoßes ist die Staatsanwaltschaft, da es sich bei § 27 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JuSchG um eine Strafvorschrift handelt. Gleichzeitig liegt aber auch ein Verstoß gegen
§ 12 Abs. 1 JuSchG vor, der grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit nach
§ 28 JuSchG zu ahnden ist, da ein Trägermedium einem Minder­jäh­ri­gen zugänglich gemacht wurde, obwohl es kein Kennzeichen hat.

Ist eine Handlung – wie in diesem Fall – gleichzeitig Straftat und Ord­nungs­widrigkeit, so wird grundsätzlich nur das Strafgesetz an­ge­wen­det (§ 20 Ordnungswidrigkeitengesetz – OWiG). Unproblematisch für die für den Vollzug des Jugendschutzgesetzes zuständigen Behörden sind die Fälle, in denen es tatsächlich zu einer Anklage durch die Staats­anwalt­schaft bzw. einer Verurteilung durch das Gericht kommt.

Wird hingegen ein Strafverfahren von der zuständigen Staatsanwalt­schaft nicht mehr weiter verfolgt, ist zu unterscheiden: Hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach § 170 Strafprozessordnung (StPO) aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen eingestellt, ist eine weitere Verfolgung dieser Tat als Ordnungswidrigkeit nicht mehr möglich. Andernfalls würde der Grundsatz verletzt, dass niemand wegen einer Tat zweimal rechtlich belangt werden kann („ne bis in idem“).

Anders gelagert ist jedoch der Fall, dass die Staatsanwaltschaft lediglich von einer Strafe nach § 153 Abs. 1 StPO abgesehen hat wegen geringen Schadens bzw. wegen geringen öffentlichen Interesses. In diesem Fall ist nämlich § 21 Abs. 2 OWiG einschlägig, der als Ausnahme von § 21 Abs. 1 OWiG vorsieht, dass eine Handlung als Ordnungswidrigkeit dann geahndet werden kann, wenn eine Strafe nicht verhängt wurde.

Im Fall des Anbietens eines indizierten Mediums auf dem Flohmarkt kann deshalb nach dem Absehen von Strafe durch die Staats­anwalt­schaft ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden. Dieses Ordnungswidrigkeitsverfahren kann allerdings nicht wegen eines Verstoßes gegen § 15 Abs. 1 und 2 JuSchG erfolgen, da es dafür keine Entsprechung in den Bußgeldvorschriften des § 28 JuSchG gibt, sondern nur wegen eines Verstoßes nach § 12 Abs. 3 JuSchG, da indizierte Medien keine Alterskennzeichnung durch die obersten Jugendbehörden der Länder erhalten.

Im Hinblick auf diese Rechtslage empfiehlt es sich, beim Vollzug des Jugendschutzgesetzes vor Ort in Aussprache mit Polizei und Staatsanwaltschaft ein so abgestimmtes Vorgehen bei Verstößen zu wählen, dass die Möglichkeit eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens offen bleibt.

Udo Schmidt

ZBFS - Bayerisches Landesjugendamt Mitteilungsblatt 6/2008