Einsatz jugendlicher Test­personen zur Kontrolle des Jugendschutz­gesetzes

An das Landesjugendamt wurde die Frage herangetragen, ob minderjährige Angehörige des öffentlichen Dienstes nicht nur bei Testkäufen, sondern auch in anderen Kontrollbereichen des Jugendschutzgesetzes (JuSchuG) – insbesondere bei der Kontrolle von Spielhallen – eingesetzt werden können.

In den Vollzugshinweisen der Bayerischen Staatsregierung zum JuSchG finden sich lediglich folgende, ausschließlich auf die Thematik „Testkäufe“ bezogene Ausführungen (s. Seite 51):

Testkäufe können unter bestimmten Voraussetzungen dazu beitragen, den Vollzug des JuSchuG zu optimieren. Für die Einhaltung der Abgabebestimmungen ist es förderlich, wenn Gewerbetreibende mit versteckten Testkäufen rechnen müssen. Es wird empfohlen, Testkäufe mit jugendlichen Angehörigen des öffentlichen Dienstes (d.h. jugendlichen Anwärtern und Auszubildenden des Verwaltungs­dienstes im staatlichen und kommunalen Bereich) unter engstmöglicher räumlicher Aufsicht des zuständigen erwachsenen Mitarbeiters der Vollzugsbehörde durchzuführen. Vorrangig sind dabei Jugendliche heranzuziehen, die im Rahmen ihrer Ausbildung mit jugendschutz­rechtlichen Fragen in Berührung kommen. Wird ein Testkauf mit Jugendlichen unter o. g. Voraussetzungen unter der Aufsicht der zuständigen Vollzugsbehörde durchgeführt und der jugendlichen Testperson der entgegen den Vorschriften des JuSchG erworbene Gegenstand unmittelbar wieder abgenommen, liegt keine Herbei­führung oder Förderung eines Verhaltens eines Kindes oder einer jugendlichen Person im Sinne des § 28 Abs. 4 vor, das durch die in § 28 Abs. 1 Nr. 10, 12 und 15 sowie § 12 Abs. 3 enthaltenen Verbote verhindert werden soll. Bei der Durchführung von Testkäufen ist darauf zu achten, dass die Testkäufer den Betreffenden nicht erst durch nachhaltige Einwirkung zur Tatbegehung drängen, da dies ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens wäre.

Zur Beantwortung der Anfrage haben wir daher das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (StMAS) als zuständige Oberste Landesjugendbehörde um Stellungnahme gebeten.

Das StMAS ist der Auffassung, dass minderjährige Angehörige des öffentlichen Dienstes grundsätzlich auch bei der Kontrolle von Spielhallen eingesetzt werden können. Es vertritt dazu die Rechtsauffassung, dass sich minderjährige Testkäufer und die beteiligte Kontrollinstitution (Jugendamt, Ordnungsamt oder Jugendschutzfachkraft) nicht strafbar machen, wenn sie das Zutrittsverbot am Eingang einer Spielhalle missachten.

Ein Schild „Zutritt erst ab 18 Jahren“ an Spielhallen führt nach Ansicht des StMAS nicht zur Strafbarkeit der Jugendlichen oder der verantwortlichen Jugendschützer. Denn laut der Kommentarliteratur wird derjenige, der vortäuscht, zu einem berechtigten Personenkreis zu gehören, nicht wegen Hausfriedensbruch bestraft. Dafür genügt, dass er den entsprechenden äußeren Anschein erweckt und deshalb ungehindert passieren kann oder dass der Berechtigte auf eine individuelle Prüfung verzichtet (Schönke/Schröder, 27. Aufl., § 123 StGB Rn. 24/25). Hier gibt der jugendliche Auszubildende vor, bereits volljährig zu sein. Damit kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 6 Abs. 1 JuSchG überprüft werden.

Da die Einhaltung des § 6 Abs. 2 JuSchG bei Spielen mit Gewinnmöglichkeiten in Gaststätten (es sind bis zwei Geräte ohne technische Alterskontrollen erlaubt) eigentlich nur mit Hilfe von Testspielen kontrolliert werden kann, hält das StMAS unter folgenden engen Voraussetzungen ein Testspielen dort, aber auch in Spielhallen, für verantwortbar (teilweise in Ergänzung zu den Vollzugshinweisen der Bayerischen Staatsregierung zum JuSchG):

  • Die minderjährigen Auszubildenden sollten pädagogisch betreut werden.
  • Es sollte sichergestellt werden, dass es sich nicht um suchtgefährdete Minderjährige handelt.
  • Die Testspieler dürfen nicht mit eigenem Einsatz spielen und Gewinne keinesfalls einbehalten.

Das Bayerische Landesjugendamt schließt sich den Ausführungen des StMAS grundsätzlich an. Unter den, in den Vollzugshinweisen genannten Voraussetzungen können Minderjährige zu einer effektiveren Kontrolle der Jugendschutzbestimmungen eingesetzt werden. Die in den Vollzugshinweisen gemachten Ausführungen zu den Testkäufen von alkoholischen oder medialen Produkten lassen sich unserer Meinung nach analog auch für andere Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes, die keinen Kauf zum Regelungsgegenstand haben, anwenden, da zunächst kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf die grundsätzliche Problematik erkennbar ist. Allerdings sind dabei die spezifischen Gefährdungsaspekte der jeweiligen Regelungen zu beachten.

Mit § 6 JuSchG wollte der Gesetzgeber Minderjährige vor den Gefahren des Glücks oder Gewinnspielens schützen. Er hat dazu Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an solchen Spielen verboten und darüber hinaus die Anwesenheit in öffentlichen Spielhallen und ähnlichen Betrieben untersagt. Bei Testkäufen von Alkohol- und Tabakprodukten durch minderjährige Angehörige des öffentlichen Dienstes werden diese nicht gefährdet, da sie die erworbenen Produkte nicht konsumieren können (Wegnahme der Waren nach dem Testkauf). Bei einem „Testspielen“ hingegen besteht das Risiko einer Gefährdung durch den Spielvorgang, da ja konkret über einen gewissen Zeitraum gespielt werden muss.

Soweit beabsichtigt ist, minderjährige „Testspieler“ einzusetzen, erachten wir es daher für zwingend notwendig, die vom StMAS vorgeschlagene Voraussetzung, dass die minderjährigen Auszubildenden pädagogisch betreut werden sollten, konsequent sicherzustellen und insbesondere darauf zu achten, dass bei minderjährigen „Testspielern“ (minderjährigen Angehörigen des Öffentlichen Dienstes) besonders akribisch und gewissenhaft deren charakterliche Eignung geprüft und durch flankierende pädagogische Vor- und Nachbereitungsmaßnahmen negative Folgen verhindert werden.

Im Hinblick auf die Akzeptanz des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit, andere jugendhilfespezifischen Aspekte und den gesellschaftspolitischen Diskurs zu Testkäufen empfiehlt das Bayerische Landesjugendamt den Jugendämtern:

  • Minderjährige Angehörige des Öffentlichen Dienstes nur dann zur Überprüfung des § 6 JuSchG einzusetzen, wenn andere Kontrollmöglichkeiten und Maßnahmen nicht den notwendigen Erfolg erbracht haben,
  • bei der Kontrolle von Spielhallen zunächst nur das Zutrittsverbot von Minderjährigen zu überprüfen. Eine weitergehende Kontrolle des Zugangs zu den Spielgeräten wird im Hinblick auf den zu erwartenden Erfolg nicht als zwingend notwendig erachtet und
  • bei der Kontrolle der Einhaltung des § 6 Abs. 2 JuSchG (Spielen mit Gewinnmöglichkeiten in Gaststätten) die ergänzenden Vorgaben des StMAS zu den Vollzugshinweisen zu beachten.


Udo Schmidt

ZBFS - Mitteilungsblatt 6/2012