Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 16.05.2002 Nummer IV/4 - S7369 - 4/28 702 (KWMBI Teil I Nr. 10/2002)
Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus fördert Angebote der Ganztagsbetreuung für Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 10 nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:
1. Zweck der Förderung
Aufgrund der Veränderungen in Gesellschaft und Arbeitswelt, die zu einem tiefgreifenden Wandel der Familienstrukturen geführt haben, und angesichts wachsender Anforderungen an Bildung und Erziehung kommt dem Ausbau der außerunterrichtlichen Betreuungs- und Förderangebote für Schüler eine zunehmende Bedeutung zu. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) verpflichtet die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, für Kinder im schulpflichtigen Alter nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen vorzuhalten (§ 24 Satz 2 SGB VIII); nach Artikel 17 Absatz 1 des Bayerischen Kinder- und Jugendhilfegesetzes (BavKJHG) gilt diese entsprechend auch für die kreisangehörigen Gemeinden. Gemäß Artikel 31 Absatz 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) sollen die Schulen durch Zusammenarbeit mit Horten, Tagesheimen und ähnlichen Einrichtungen die Betreuung von Schülern außerhalb der Unterrichtszeit fördern.
Mit dem vorliegenden Förderprogramm soll der schrittweise Ausbau eines bedarfsgerechten Betreuungs- und Förderangebots für Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 10 in die Wege geleitet werden. Dabei wird, ausgehend von der gemeinsamen Verantwortung von Staat, Kommunen und Eltern, ein schulnahes Angebot vorausgesetzt, das flexibel auf die Bedürfnisse der Schüler abgestimmt ist, deren wachsende Selbstständigkeit berücksichtigt und maßgeblich von der Schule mitgestaltet wird. Eine Verknüpfung mit schulischen. Angeboten (z. B. Wahl- und Förderunterricht) und mit außerschulischen Angeboten, z. B. der Jugendarbeit, der Sportvereine, der Musikschulen und anderer soziokultureller Einrichtungen im Umfeld ist anzustreben.
2. Gegenstand der Förderung
2.1 Gefördert werden Projekte an und in Verbindung mit Hauptschulen, Schulen zur individuellen Lernförderung, Sonderpädagogischen Förderzentren (Hauptschulstufen), Realschulen und Gymnasien, die im Anschluss an den regelmäßigen Vormittagsunterricht an mindestens vier Tagen und im Gesamtumfang von möglichst zwölf Stunden pro Woche ein regelmäßiges Betreuungs- und Förderangebot im Sinne dieser Richtlinien gewährleisten. Die Projekte können in Räumen der Schule oder in schulnahen Einrichtungen (z. B. Einrichtungen der Jugendarbeit) stattfinden.
2.2 In Projekten an Hauptschulen, die die Voraussetzungen dieser Richtlinien erfüllen, können ausnahmsweise auch Schüler einer damit verbundenen Grundschule aufgenommen werden, wenn für diese kein anderes geeignetes Angebot der Tagesbetreuung vorhanden ist
2.3 Eine Förderung aus diesem Programm ist nicht möglich für Kinderhorte sowie für Projekte an Schulen, wenn für die gleiche Altersgruppe bereits ein Hort an der Schule eingerichtet ist. Projekte an Heimschulen oder Schülerheimen (Art. 106, 107 BayEUG) können gefördert werden, wenn sie auch für externe Schüler offen stehen.
3. Beantragung
3.1 Träger der Projekte können gemeinnützige freie Träger oder Kommunen sein. Nach dem Grundsatz der Subsidiarität soll Angeboten freier Träger der Vorzug gegeben werden.
3.2 Der staatliche Zuschuss wird grundsätzlich von einer kommunalen Körperschaft beantragt, die damit zugleich die Verpflichtung übernimmt, das Projekt in mindestens der gleichen Höhe mitzufinanzieren. Antragsberechtigt sind Landkreise, kreisfreie Städte, kreisangehörige Gemeinden, Schulverbände, Verwaltungsgemeinschaften und andere rechtsfähige kommunale Zusammenschlüsse. Bei anderen Finanzierungsmodellen bleibt der staatliche Zuschuss unverändert.
3.3 Die Anträge sind bei der zuständigen Bezirksregierung zu stellen, die die Prüfung, Bewilligung und Zuweisung der Mittel übernimmt. Das Staatsministerium weist der Regierung entsprechend des festgestellten Bedarfs nach Maßgabe des Haushalts die Mittel zu.
4. Maßnahmen der Qualitätssicherung
4.1 Die Projekte müssen einen verbindlichen Leistungskatalog umfassen, der stets das Angebot einer tägliche Mittagsverpflegung und einer Hausaufgabenbetreuung sowie verschiedenartige Freizeitangebote enthalten muss, nach Möglichkeit ergänzt durch zusätzliche Lernhilfen und unterrichtliche Förderangebote. Nach Möglichkeit sollen bei schulischen und persönlichen Problemen auch individuelle Beratung und weitergehende sozialpädagogische Hilfen angeboten oder vermittelt werden.
4.2 Das Betreuungsangebot muss während des Schuljahres regelmäßig an mindestens vier Schultagen pro Woche gewährleistet sein und soll mindestens 12 Stunden pro Woche umfassen.
4.3 Jedes Projekt soll von einer pädagogischen Fachkraft geleitet und kontinuierlich betreut werden.
4.4 Die Projekte müssen in enger Zusammenarbeit mit den Schulen, für deren Schüler das Angebot bestimmt ist, durchgeführt werden. Eine aktive Mitwirkung von Lehrkräften bei den Angeboten der Ganztagsbetreuung ist anzustreben. Die Schulleitung trägt zur Umsetzung des pädagogischen Konzepts bei und unterstützt die organisatorischen Maßnahmen. Bei Projekten in Räumen der Schule müssen alle wesentlichen Entscheidungen im Einvernehmen mit der Schulleitung getroffen werden.
4.5 Für die gesamte Zeit der Betreuung müssen Räume in ausreichender Zahl und Größe zur Verfügung stehen. Bei Projekten in Räumen der Schule ist die Verfügbarkeit der Räume rechtzeitig mit der Schulleitung zu klären.
4.6 Zahl und Größe der Gruppen richten sich nach dem vorhandenen Personal- und Raumangebot.
5. Art und Umfang der Förderung
5.1 Die staatliche Zuwendung wird als Festbetragsfinanzierung gewährt. Aufgrund der unterschiedlichen Dauer der Teilnahme der einzelnen Schüler an den Betreuungsangeboten (Nachmittagsunterricht, Musikschulen, Jugendgruppen etc.) kann die Berechnung des staatlichen Zuschusses auch auf der Basis der der durchschnittlichen Betreuungszeit der zum Stichtag 1. Oktober angemeldeten Schüler erfolgen.
Die staatliche Förderung beträgt bei einer durchschnittlichen Betreuungszeit von mindestens 15 Stunden/Woche 720 Euro (Basiswert), bei weniger als 15 Wochenstunden, aber mindestens 10 Wochenstunden vermindert sich die jährliche Zuwendung auf 75 Prozent des Förderbetrags.
Für behinderte Kinder erhöht sich die Zuwendung auf 3240 Euro bzw. 75 Prozent des Förderbetrags.
Veränderungen nach dem Stichtag 1. Oktober werden zeitanteilig nur dann berücksichtigt, wenn sich dadurch der Gesamtumfang der Zuwendung um mehr als 20 Prozent erhöht oder vermindert.
5.2 Soweit Lehrkräfte staatlicher Schulen im Rahmen ihrer Unterrichtspflichtzeit in einem Projekt der Ganztagsbetreuung für eine bestimmte Zeit Aufsichts- und Betreuungsaufgaben übernehmen, für die ansonsten anderes Personal eingesetzt werden müsste, vermindert sich die staatliche Zuwendung um den entsprechenden Anteil des Lehrergehalts. Dabei wird ein Einsatz von 100 Minuten in der Ganztagsbetreuung als Äquivalent für eine Stunde der Unterrichtspflichtzeit gewertet.
5.3 Eine Mitfinanzierung der Projekte aus kommunalen Mitteln (bzw. anderen Finanzierungsmodellen – siehe 3.2) und aus Teilnehmerbeiträgen muss in angemessenem Umfang gesichert sein. Kosten für die Bereitstellung von Räumen können nicht angerechnet werden. Die Teilnehmerbeiträge sollen nach Art und Umfang der vereinbarten Betreuung bemessen und/oder nach sozialen Gesichtspunkten gestaffelt sein.
5.4 Die Förderung erfolgt im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel, bis das von der Staatsregierung beabsichtigte Kinderbetreuungsgesetz in Kraft tritt.
5.5 Für das Schuljahr 2002/2003 wird der staatlichen Förderung ein Basiswert von 720 € zu Grunde gelegt. Für die Folgejahre wird der Basiswert an die durchschnittliche Erhöhung der Pauschalbeträge nach § 3 der Verordnung über die Förderfähigkeit der Personalkosten anerkannter Kindergärten – 3. DVBayKiG – vom 31.07.1978 (BayRS 2231–1–3–K) zuletzt geändert durch Verordnung vom 14.08.1991 (GVBl S. 318) angepasst und bekannt gegeben.
6. Bestehende Betreuungsangebote
6.1 Bestehende Angebote der Ganztagsbetreuung, die bisher noch keine staatliche Förderung erhalten haben, können, wenn sie diesen Richtlinien entsprechen, ab dem Schuljahr 2002/2003 schrittweise in die Förderung aufgenommen werden. In diesen Fällen beträgt die staatliche Zuwendung
- im Schuljahr 2002/03 25 v. H.
- im Schuljahr 2003/04 50 v. H.
- im Schuljahr 2004/05 75 v. H.
- ab dem Schuljahr 2005/06 100 v. H.
der nach Ziffer 5.1 berechneten Gesamtzuwendung. Ziffer 5.2 bleibt unberührt.
6.2 Bei bestehenden Angeboten an Privatschulen kann, abweichend von Ziffer 3.2, der Zuschussantrag vom Schulträger selbst gestellt und auf eine kommunale Mitfinanzierung verzichtet werden.
7. Ausnahmeregelung
In begründeten Einzelfällen, insbesondere hinsichtlich der Nutzungszeit oder des pädagogischen Konzepts, kann die Regierung Abweichungen von einzelnen Bestimmungen dieser Richtlinien zulassen.
8. Antragsverfahren
8.1 Für Projekte, die im folgenden Schuljahr beginnen oder fortgeführt werden sollen, sind die Zuschussanträge jeweils bis zum 1. Juni bei der zuständigen Regierung einzureichen. Bis 15. Oktober sind die für die Zuschussberechnung maßgebundenen Teilnehmerzahlen nachzumelden.
Soweit Mittel zur Verfügung stehen, ist eine spätere Antragsstellung nicht ausgeschlossen.
8.2 Die Anträge müssen folgende Angaben enthalten:
- Projektträger
- Beschreibung und Konzeption des Projekts
- Stellungnahme der beteiligten Schulen
- Kosten- und Finanzierungsplan.
9. Schlussbestimmungen
9.1 Diese Bekanntmachung tritt am 01.09.2002 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst über die Nachmittagsbetreuung von Schülern in Einrichtungen der Jugendarbeit vom 13.07.1994 (StAnz Nr. 28, KWMBl I S. 225) außer Kraft.
9.2 Die vorstehende Bekanntmachung gilt zunächst befristet bis 31.12.2004.
Erhard
Ministerialdirektor
KWMBl I 2002 S. 167
StAnz 2002 Nr. 21
zurück zur Startseite Förderung
zurück zur Startseite Ministerielle Bekanntmachungen