Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB) - Vollzeitpflege
Broschüre als Download erhältlich (noch nicht barrierefrei)
Vorbemerkung
Am 15. Juni 2021 trat nach langer Diskussion über eine notwendige Reform des Kinder- und Jugendhilferechts das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KSJG) in Kraft. Mit diesem Gesetz ergeben sich eine Vielzahl von Änderungen im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII), welche die Kinder- und Jugendhilfe noch in den nächsten Monaten und Jahren beschäftigen wird.
Im Rahmen des Projektes "Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern – PeB“ werden die gesetzlichen Änderungen und die sich daraus ergebenen Anforderungen für die örtliche Kinder- und Jugendhilfe aufgegriffen und die vorhandenen PeBKernprozessbeschreibungen nach und nach angepasst und veröffentlicht. Ein erster Schritt in diese Richtung ist das jetzt vorliegende PeB-Handbuch für den Arbeitsbereich Vollzeitpflege.
Bereits seit 2008 beschäftigt sich das ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt in Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden mit der Frage, in welcher Form sich übergreifende Qualitätsstandards für die Kinder- und Jugendhilfe in Bayern beschreiben lassen, so dass diese an die jeweiligen Bedingungen in den Jugendämtern vor Ort angepasst und somit als Grundlage für die Personalbemessung (§ 79 Abs. 3 SGB VIII) und Qualitätssicherung (§ 79a SGB VIII) der örtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe genutzt werden können. Zur Unterstützung dieser Aufgabe wurde das Projekt "Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen
Jugendhilfe in Bayern – PeB“ initiiert, an dem sich bis zum Sommer 2022 bereits
fast 80 % der Landkreise bzw. kreisfreien Städte in Bayern beteiligt haben. Getragen wird es vom ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt, dem Bayerischen Landkreistag sowie dem Institut für Sozialplanung und Organisationsentwicklung (IN/S/O). Der Bayerische Städtetag empfiehlt seinen Mitgliedern mit Beschluss des Vorstandes die Teilnahme an PeB. Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband begrüßt die Ergebnisse des PeB-Projekts und legt bei seinen Beratungen und Prüfungen die dort entwickelten fachlichen Standards zugrunde.
Die bislang entwickelten Kernprozessbeschreibungen sind in zehn Handbüchern veröffentlicht worden:
a) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Projektbericht und Handbuch (Kernprozesse für die Sozialen Dienste), 2009
b) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Evaluiertes Handbuch (Kernprozesse für die Sozialen Dienste), 2013
c) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Ergänzungsband zum evaluierten Handbuch (Kernprozesse für die Wirtschaftliche Jugendhilfe, Kindertagespflege, Beistandschaft, Amtsvormundschaft), 2015
d) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UmF) (Kernprozesse für die Sozialen Dienste, die Wirtschaftliche Jugendhilfe sowie die Amtsvormundschaft), 2014
e) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Unbegleitete Minderjährige (Kernprozesse für die Sozialen Dienste, die Wirtschaftliche Jugendhilfe sowie die Amtsvormundschaft), 2016
f) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) – bekannt als UVG (Kernprozesse für die Leistungsgewährung, Heranziehung, Ersatz- und Rückzahlungspflicht), 2018
g) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII (Kernprozess für die Sozialen Dienste), 2020
h) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz – § 52 SGB VIII, 2020
i) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Koordinierende Kinderschutzstellen (KoKi – Netzwerk frühe Kindheit), 2022
j) Personalbemessung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern (PeB). Fortschreibung 2022, Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) – bekannt als UVG, 2022
Zum methodischen Vorgehen von Qualitätssicherung und Personalbemessung auf der Basis der bayerischen PeB-Handbücher finden sich im Evaluierten Handbuch für die Sozialen Dienste weitergehende Ausführungen und Hinweise.
Die jetzt vorgelegten Kernprozessbeschreibungen für die Vollzeitpflege berücksichtigen, dass sich in einem großen Teil der Jugendämter in Bayern ein Fachdienst Vollzeitpflege – oder auch Pflegekinderdienst (PKD) – etabliert hat. Diese Aussage ist jedoch nicht als Organisationsempfehlung zu verstehen, sondern beschreibt lediglich den gedanklichen Ausgangspunkt für das vorliegende PeB-Handbuch zur Vollzeitpflege. Aufgrund dieser Überlegung ist es wichtig die Fallverantwortung genau zu definieren. Insbesondere im "Kernprozess 5: § 37 SGB VIII – Beratung und Unterstützung der Eltern bei Hilfen außerhalb der Familie“ ist die Zuständigkeit für diese Aufgabe zwischen PKD und dem Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD) festzulegen. Die im Evaluierten PeB-Handbuch für die Sozialen Dienste 2013 veröffentlichten Kernprozesse zur Vollzeitpflege sind mit der vorliegenden Veröffentlichung überholt. Die örtlichen Qualitätshandbücher der Jugendämter sind entsprechend zu überprüfen und anzupassen.
Im Rahmen der vorliegenden Kernprozessbeschreibungen erfolgt eine Unterscheidung zwischen der Gewinnung und Eignungsprüfung von potenziellen Pflegeeltern für die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII (inklusive Bereitschaftspflege) und der Erlaubnis zur Vollzeitpflege nach § 44 SGB VIII (inklusive eines neuen Teilprozesses zur Überprüfung der Pflegeerlaubnis). Zudem wird zwischen dem Kernprozess zur Vermittlung in Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII und dem Kernprozess zur Unterbringung in einer Pflegefamilie im Rahmen der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII (Bereitschaftspflege) unterschieden. Als zusätzlicher Kernprozess ist die Beratung und Unterstützung der Eltern bei Hilfen außerhalb der Familie nach § 37 SGB VIII mit aufgenommen worden.
Es werden die Begrifflichkeiten Pflegepersonen und Pflegefamilie verwendet. Mit Pflegepersonen sind Einzelpersonen oder Paare gemeint. Diese sind Hauptansprechpartner für die Fachkräfte und übernehmen die Erziehungsarbeit. Unter den Begriff Pflegefamilie fallen alle im Haushalt lebenden Personen.
Mit dem KJSG geht die Forderung zur Entwicklung eines individuellen Schutzkonzeptes in Pflegeverhältnissen einher. Die hiermit verbundenen fachlichen Empfehlungen zu den Schutzkonzepten werden zurzeit erarbeitet und nach der Fertigstellung wird ein entsprechender Kernprozess zeitnah entwickelt und veröffentlicht.
Je nach örtlicher Organisationsstruktur der Vollzeitpflege werden von einem entsprechenden Fachdienst noch weitere Aufgaben der Leistungsgewährung übernommen. Diese Aufgaben sind zusätzlich bei der Qualitätssicherung und Personalbemessung zu berücksichtigen.
An dieser Stelle sei noch einmal allen am Prozess der Erstellung, Anpassung und Überprüfung der Kernprozesse beteiligten Personen herzlich für ihre Mitwirkung gedankt. Die vorliegende Veröffentlichung soll dazu beitragen, die Qualität der Kinder- und Jugendhilfe in Bayern nachhaltig zu sichern. Gleichzeitig ist sie ein Beleg dafür, dass das Projekt PeB auf eine langfristige Sicherung von Qualität und Standards in der bayerischen Kinder- und Jugendhilfe zielt und dabei gesetzliche Neuerungen sowie Erfahrungen aus der Praxis berücksichtigt.
(Stand Oktober 2022)